Mit scharfer Kritik reagiert der AOK-Bundesverband auf den Referentenentwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG). Die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) seien weder nachhaltig noch böten sie kurzfristig eine finanzielle Perspektive für gesetzliche Krankenversicherung (GKV), heißt es in der Stellungnahme. Der Verband spricht von "einer gravierenden Ungerechtigkeit" zulasten der Beitragszahlenden, die zwei Drittel der Lasten zu tragen hätten. Hinsichtlich des erneut geplanten Zugriffs auf die Finanzreserven meldet die AOK verfassungsrechtliche Bedenken an. Die Maßnahme stelle einen "wiederholten gravierenden Eingriff in die Haushaltsautonomie der sozialen Selbstverwaltung der Kassen" dar.
Gravierende Ungerechtigkeit zulasten der Beitragszahlenden
So schaffe das Vorhaben eine gravierende Ungerechtigkeit zulasten der Beitragszahlenden, die mehr als zwölf Milliarden Euro und damit mehr als zwei Drittel der Mittel aufbringen sollen, die für das Stopfen des für 2023 prognostizierten Finanzlochs erforderlich sind. Das Gesetz sei alles andere als nachhaltig, biete aber „auch kurzfristig keine gesicherte Finanzperspektive“. Stattdessen gefährde es die finanzielle Stabilität der GKV fundamental.
Erneut Konfiszierung von Beitragsgeldern
Der Zugriff auf die verbliebenen Kassenrücklagen sei eine erneute Konfiszierung von Beitragsgeldern, nachdem bereits im vergangenen Jahr Kassenrücklagen von mehr als acht Milliarden Euro zwangsweise abgeschöpft worden waren. Dieser Vorgang war in der Gesetzesbegründung damals noch als „einmalig“ bezeichnet worden. Bei der vorgegebenen Mindestrücklage von 0,2 Monatsausgaben würden die Kassen „an die viel zu geringe Untergrenze gedrängt“. Angesichts der anhaltend negativen Finanzentwicklung und nicht planbarer Ausgabenschwankungen könnte das schnell ein Unterschreiten der Mindestreserve, weitere Finanzbedarfe und drastische Anpassungen des Zusatzbeitrags zur Folge haben. Damit sei die Zahlungsunfähigkeit einzelner Kassen jedoch weiterhin nicht ausgeschlossen.
Dass die Beitragszahlenden nicht auch noch durch Leistungskürzungen oder erhöhte Eigenbeteiligungen belastet werden sollen, wird dagegen ausdrücklich befürwortet. Zustimmung gebe es auch für einige Maßnahmen auf der Ausgabenseite, vor allem im Arzneimittelbereich. Allerdings seien diese Maßnahmen noch ungenügend, kurzfristig seien „echte Nullrunden bei der Preis- und Mengenentwicklung“ notwendig.
In Kombination mit einer Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel ließe sich mit diesen Maßnahmen ein Einsparpotenzial von bis zu zehn Milliarden Euro realisieren.
Quelle: PI AOK-Bundesverband, 12.07.2022