Unikliniken verstoßen massiv gegen Vorschriften zur Arbeitszeiterfassung

Eine bundesweite Befragung von rund 3.500 Ärztinnen und Ärzten an landeseigenen Unikliniken zeigt massive Verstöße gegen tarifvertragliche Vereinbarungen zur Arbeitszeiterfassung. Die Befragung wurde vom Marburger Bund in der Zeit vom 31. März bis zum 23. April 2025 durchgeführt.

So findet bei insgesamt 83 Prozent der Ärztinnen und Ärzte keine manipulationssichere, elektronische Zeiterfassung nach dem Stechuhr-Prinzip statt, wie es der zwischen Marburger Bund und Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) geschlossene Tarifvertrag TV-Ärzte vorschreibt.

Arbeitszeiterfassung

Bei knapp 62 Prozent findet lediglich eine digitale Dokumentation statt, zum Beispiel von Soll-Arbeitszeiten in Dienstplanprogrammen, weitere 17 Prozent dokumentieren die Arbeitszeit manuell, also handschriftlich oder in einer Excel-Liste, und bei 4,3 Prozent der Befragten findet gar keine Erfassung statt.

Geleistete Überstunden

Drei Viertel der Ärztinnen und Ärzte an den tarifgebundenen Unikliniken müssen geleistete Arbeitsstunden, die über die geplante Arbeitszeit hinausgehen, von ihren Vorgesetzten genehmigen lassen. Oftmals wird eine Anerkennung verwehrt, selbst nach Mitteilung an die Vorgesetzten.

Rund 60 Prozent der Befragten geben an, dass wöchentlich bis zu zehn Arbeitsstunden nicht erfasst werden. Jeder zehnte erklärt, dass zehn und mehr Stunden pro Woche nicht berücksichtigt und somit nicht vergütet werden - das wären aufs ganze Arbeitsjahr gerechnet bis zu 500 Stunden.

Tarifgebundene Universitätskliniken

Insgesamt arbeiten an den tarifgebundenen Universitätskliniken etwa 20.000 Ärztinnen und Ärzte. Die Universitätskliniken in Hamburg, Berlin, Mainz und Hessen gehören nicht zum Geltungsbereich des TV-Ärzte, dort gelten abweichende Regelungen.

Auf den Zusammenhang einer adäquaten Zeiterfassung mit gesetzlichen Höchstgrenzen machte Dr. Andreas Botzlar, 2. Vorsitzender des Marburger Bundes, aufmerksam: "Eine transparente, elektronische Arbeitszeiterfassung ist die Grundvoraussetzung dafür, dass gesetzliche Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten eingehalten werden. Wer das unterlässt, gefährdet nicht nur die Ärztinnen und Ärzte, sondern auch die Patientensicherheit. Eine zuverlässige elektronische Zeiterfassung ist kein Verwaltungsdetail, sondern aktiver Gesundheitsschutz."

Quelle: ots / PI Marburger Bund - Bundesverband

(bd)
Zurück zur Startseite
Weitere Newsmeldungen
    • „OP nur vom Chefarzt“ - Der Bundesgerichtshof hat das Urteil erteilt
      Wer sich die Operation durch den Chefarzt „einkauft“, soll in der Regel auch dessen Leistung erhalten. Kann stattdessen nach einer Zusatzvereinbarung nach Belieben auch der Oberarzt operieren, darf das Krankenhaus nach Auskunft der ARAG Experten dem Bundesgerichtshof zufolge keine Wahlleistung abrec...
      Mehr
    • Abnehmspritze: Einstweilige Verfügung gegen TV-Werbespot und Suchmaschine-Werbung
      Während sich Apotheken in Deutschland an Recht und Gesetz halten, ignorieren diverse Internetplattformen regulatorische Rahmenbedingungen immer öfter. Regelmäßig geht die Apothekerkammer Nordrhein gegen Rechtsverstöße vor - wie jetzt bei einem digitalen Anbieter, der für sogenannte Abnehmspritzen im...
      Mehr
    • Wer haftet, wenn sich Mitarbeiter auf einer Weihnachtsfeier verletzen?
      Auch auf einer Weihnachtsfeier können sich die Mitarbeiter verletzen. Das kann z. B. ein Sturz auf der Tanzfläche sein oder man verbrüht sich mit einem heißen Getränk. Ob es sich hier um einen Arbeitsunfall handelt und wer haftet, erklärt die Ecovis-Rechtsanwältin Nicole Golomb in Regensburg.
      Mehr
    • Keine Corona-Impfung: Kündigung einer MFA nicht wirksam
      Die Klägerin arbeitete seit dem 1. Februar 2021 als medizinische Fachangestellte (MFA) in einem Krankenhaus. Eingesetzt wurde die MFA auf verschiedenen Stationen in der Patientenversorgung. Sie war nicht bereit, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen und nahm entsprechende Impfangebote
      Mehr
    • Seit 1. Januar 2023 gilt reformiertes Betreuungsrecht 2023
      Seit dem 1. Januar 2023 gilt ein neues, grundlegend reformiertes Betreuungsrecht, das stärker als bisher die Selbstbestimmung betreuter Menschen und ihre Wünsche in den Mittelpunkt stellt. Erwachsenen, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung rechtliche Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen...
      Mehr
    • Arzt mit beschränkter Haftung
      Vor einem medizinischen Eingriff muss ein Arzt den betroffenen Patienten über die Maßnahme und ihre Risiken aufklären. Er ist jedoch nicht dazu verpflichtet zu prüfen, ob der Patient seine Erläuterungen verstanden hat, hat das Oberlandesgericht Koblenz entschieden (Az. 5 U 713/11). Im verhandelten F...
      Mehr
    • Übermittlung sensibler Patientendaten per Fax rechtswidrig
      Viele Arztpraxen nutzen für die Übermittlung von Arztbriefen, Befunden oder AU-Bescheinigungen noch Telefaxgeräte. Dies ist rechtswidrig. Darauf weist der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in Bremen hin. Ein Grund dafür ist die Internet-Technologie,
      Mehr
    • Tipps für die Urlaubsvertretung des Praxisinhabers
      Geht ein Arzt in Urlaub, kümmert er sich normalerweise um eine Vertretung – und vergisst zuweilen, dass dabei einige Fallstricke drohen. Anwalt Jan Willkomm, auf Medizinrecht spezialisiert, hat einige Hinweise zusammengetragen, worauf ein Praxisinhaber achten muss. Verweise auf jeweils relevante Ger...
      Mehr
Zum Archiv

Quellen-URL (abgerufen am 20.08.2025 - 01:24): http://www.neuromedizin.de/Recht/Unikliniken-verstossen-massiv-gegen-Vorschriften-zur-Arbeits.htm
Copyright © 2014 | http://www.neuromedizin.de ist ein Dienst der MedienCompany GmbH. | Medizin-Medienverlag | Amselweg 2, 83229 Aschau i. Chiemgau | Geschäftsführer: Beate Döring | Amtsgericht Traunstein | HRB 19711 | USt-IdNr.: DE 223237239