Mit seinem Urteil vom 9. Dezember 2021 hat der Bundesgerichtshof (BGH) aufgezeigt, unter welchen Voraussetzungen für ärztliche Fernbehandlungen geworben werden darf. Im konkreten Fall hält er die Werbung für unzulässig. Sie war zu breit angelegt und beschränkte sich nicht auf die Fälle, in denen nach den anerkannten medizinischen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem Patienten nicht erforderlich ist, so die Karlsruher Richter.
Dazu äußert sich Dr. Roland Wiring, Fachanwalt für Medizinrecht und Partner bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland:
BU Dr. Roland Wiring Bild: © CMS
„Das Urteil zeigt: Telemedizinanbieter haben es rechtlich nicht leicht, das Korsett ist leider eng. Pauschalen, markigen Werbeclaims für Fernbehandlungen erteilt der Bundesgerichtshof eine Absage – trotz der jüngsten Lockerungen im Heilmittelwerbegesetz.“
Wiring, der Unternehmen mit dem Sektorfokus Healthcare und Life Sciences berät und vertritt, erklärt:
„Der BGH legt die Werberegeln für Fernbehandlungen weiterhin eng aus. Es scheint, als wolle er die neu geschaffene Ausnahmeregelung in § 9 S. 2 HWG auf Werbung für solche Fernbehandlungen begrenzen, die in jedem Einzelfall nach den allgemein anerkannten medizinischen Standards zulässig sind. Damit meint er allerdings nicht zwingend die berufsrechtliche Zulässigkeit – das überrascht, denn damit ist der eigentlich angestrebte Einklang zwischen ärztlichem Berufsrecht und Werberecht in Frage gestellt.“
Zu den Auswirkungen des Urteils auf Unternehmen meint Wiring:
„So mancher hätte sich vom Gericht einen progressiveren, mutigeren Ansatz gewünscht. Die enge Lesart des BGH ist mit dem politischen Ziel, die Telemedizin und die Digitalisierung des Gesundheitswesens weiter zu stärken, nur schwer in Einklang zu bringen. Hier wäre der Gesetzgeber gefordert, weitere Öffnungen zu ermöglichen."
Der CMS-Partner rät Unternehmen:
„Telemedizinanbieter sind gut beraten, ihre Werbung anhand der jetzt vom BGH konkretisierten Maßstäbe zu überprüfen. Um sicher zu gehen, sollte die Werbung nur Fernbehandlungen erfassen, bei denen ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem Patienten nicht erforderlich ist. Verstöße können unangenehme Folgen haben: Wer regelwidrig wirbt, riskiert eine Untersagung. Wer nicht mehr werben darf, riskiert Umsatz.“
Quelle: PI CMS, 09.12.2021
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