Oligodendroglia- und Astroglia-Veränderungen bei Patienten mit chronisch traumatischer Enzephalopathie

Die chronisch traumatische Enzephalopathie (CTE) ist eine progressive Tauopathie, die insbesondere bei Kontaktsport-Athleten, militärischen Veteranen und anderen Personen, die einem wiederholten Kopfaufprall ausgesetzt sind, zu beobachten ist. Dass es in diesem Zusammenhang zu einer Rarefizierung der weißen Hirnsubstanz und einem axonalen Verlust kommt, ist schon länger bekannt, wurde bislang allerdings noch nicht genauer auf molekularer oder zellulärer Ebene charakterisiert. Wissenschaftler des Department of Genetics der Harvard Medical School und weiterer Forschungseinrichtungen in Boston, USA, haben nun jedoch die RNA-Sequenz-Profile von Zellkernen aus Postmortem-Gewebe der weißen Hirnsubstanz von 8 Patienten mit einer neuropathologisch gesicherten CTE und 8 alters- und geschlechtsangepassten Kontrollpersonen untersucht. Bei der Analyse dieser Profile mittels unvoreingenommener Clustering-Herangehensweise identifizierten die Forscher 18 transkriptomisch verschiedene Zellgruppen (Cluster), was Zelltypen und/oder Zellzustände widerspiegelte, von denen eine Untergruppe Unterschiede zwischen der CTE und dem Kontrollgewebe zeigte. Unabhängige in situ-Methoden, die angrenzend an den Bereichen, die bei der „Single-nucleus RNA-seq“-Arbeit verwendet worden waren, an Gewebebereichen eingesetzt wurden, zeigten ähnliche Befunde. Den Wissenschaftlern zufolge zeigte sich, dass die Oligodendrozyten in der weißen Hirnsubstanz der CTE-Patienten am schwersten geschädigt waren. Sie waren sowohl in der Anzahl vermindert als auch in relativen Proportionen über alle Cluster-Subtypen verändert. Außerdem wies die CTE-angereicherte Oligodendrozyten-Population eine größere Fülle von Transkripten den Eisenstoffwechsel und die zellulären Stressantwort betreffend auf. Das CTE-Gewebe zeigte auch histologisch eine exzessive Eisen-Akkumulation. Bei den Astrozyten hingegen fand sich kein Unterschied in puncto Anzahl der Zellen zwischen den CTE-Proben und den Kontrollen. Die Transkripte, die mit einer Neuroinflammation assoziiert waren, waren in den CTE-Astrozytengruppen verglichen mit den Kontrollproben allerdings erhöht.

Diese Studienergebnisse zeigen, dass es spezifische molekulare und zellulären Unterschiede bei den CTE-Oligodendrozyten und Astrozyten gibt und dass Veränderungen der weißen Hirnsubstanz ein kritischer Aspekt der Neurodegeneration bei der chronisch traumatischen Enzephalopathie ist.

(drs)
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