Die Therapieergebnisse distaler Radiusfrakturen im Erwachsenenalter sind häufig unbefriedigend. Infolge der im Rahmen der Frakturbehandlung lang andauernden Ruhigstellung des Armes und Handgelenkes kommt es oftmals im weiteren Verlauf zu Muskelatrophien und Schmerzen sowie bleibenden Einschränkungen der Gelenkbeweglichkeit. Es wird in diesem Zusammenhang vermutet, dass in der Zeit der Immobilisation im Gipsverband auch eine Art des "Verlernens" der Gelenkbewegungen eine gewisse Rolle spielt. Dieser These sind Ärzte und Wissenschaftler einer unfallchirurgischen Praxis in Hechingen, der University of Texas in Houston, USA, der Universität Ulm sowie der Fachhochschule für angewandtes Management, Erding und des Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart im Rahmen einer vor Kurzem in einer Fachzeitschrift veröffentlichten experimentellen Studie nachgegangen. Zusätzlich untersuchten die Forscher, ob das so genannte "mentale Training" dazu geeignet ist, bei vollständig fixiertem Handgelenk die Behandlungsresultate zu verbessern. Bei dieser Gedächtnistraining-Methode handelt es sich um eine systematische Wiederholung von Bewegungen und Aktionen, die sich die betreffende Person jedoch nur vorstellt und nicht praktisch ausführt. Teilnehmer der Studie waren 21 rechtshändige gesunde Probanden ohne eine Fraktur, bei denen am linken Handgelenk für einen Zeitraum von drei Wochen ein zirkulärer Unterarmgips angelegt wurde. Während der Immobilisationsphase wurde ein Teil der Studienteilnehmer mit dem mentalen Training behandelt, die übrigen Probanden wurden nicht weiter therapiert. Zusätzlich wurden noch drei Patienten mit einer echten distalen Unterarmfraktur und mentalem Training in die Studie mit aufgenommen. Es zeigte sich, dass das mentale Training zu einer besseren Beweglichkeit des Handgelenks und einer geringeren Atrophie der Muskulatur geführt hatte als die alleinige Ruhigstellung des Unterarmes ohne Training. Untersuchungen mittels der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) ergaben außerdem, dass im Vergleich zu alleiniger dreiwöchiger Ruhigstellung des Handgelenkes ohne weitere Maßnahmen das mentale Training auch die motorischen Hirnareale, wie das supplementär motorische Areal, den Gyrus praecentralis, das Putamen, den Nucleus caudatus, den präfrontalen Kortex, den Thalamus und das Kleinhirn, mehr beeinflusste. Entsprechende Ergebnisse fanden die Forscher auch in der Gruppe der Patienten, die sich tatsächlich den Arm gebrochen hatten. Nach Ansicht der Wissenschaftler können mittels mentalem Training die Folgen der Immobilisation nach einer distalen Radiusfraktur offensichtlich verringert werden.
(drs)
Abstract aus Zeitschrift für Orthopädie und Unfallchirurgie 2011, Apr 29, Epub ahead of printZurück zur Startseite