Das Münchhausen-by-proxy-Syndrom hat viele Gesichter
Ein Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom (engl. Munchausen by Proxy Syndrome) zu diagnostizieren ist häufig schwer. Umso wichtiger ist es, die zahlreichen oft irreführenden Erscheinungsformen dieser schweren Form der Kindesmisshandlung zu kennen. Leicht zu verwechseln ist das Münchhausen-by-proxy-Syndrom offenbar mit einer metabolischen Erkrankung. Dies zeigt eine vor Kurzem im European Journal of Pediatrics veröffentlichte Kasuistik der Departments of Medical Genetics und Pediatrics, King Faisal Specialist Hospital and Research Centre, Riyadh, Saudi Arabien. Es wird von einem 19 Monate alten Mädchen berichtet, das mit einer Hepatosplenomegalie, Anämie, Thromozytopenie und rekurrierenden Septikämien vorgestellt wurde. Primär wurde die Verdachtsdiagnose eines myelodysplastischen Syndroms gestellt. Dies konnte jedoch im Rahmen der weiterführenden Untersuchungen nicht bestätigt werden. Eine erhöhte Enzymaktivität der β-Glucosylceramidase im "Dry Blood Spot" (DBS-Test) allerdings lenkte den Verdacht auf einen Morbus Gaucher. Doch auch diese Vermutung konnte aufgrund des gemessenen Enzymspiegels in kultivierten Haut-Fibroblasten nicht bestätigt werden. Einen ersten Hinweis auf ein Münchhausen-by-proxy-Syndrom gab die rekurrierende Sepsis mit dem Nachweis zahlreicher säurefester Stäbchen. Erste Nachforschungen hinsichtlich des mütterlichen Verhaltens und der Krankenvorgeschichte bestärkten die behandelnden Ärzte in ihrer Vermutung. Nachdem das Kind daraufhin eine Woche lang von seiner Mutter getrennt worden war, besserte sich sein Gesundheitszustand zunehmend. Die Mutter gab schließlich zu, dass sie regelmäßig in eine Mischung heimischer Kräuter gespuckt und diese "Lösung" ihrem Kind in zentrale Venen injiziert hatte. Dies ist der erste bislang bekannte Fall eines Münchhausen-by-proxy-Syndroms in der Maske eines Morbus Gaucher, so die Autoren. Dieser Fall sollte nach Ansicht der Wissenschaftler insbesondere Kinderärzte erneut dafür sensibilisieren, dass hinter einer angeblichen metabolischen Erkrankung auch einmal ein Münchhausen-by-proxy-Syndrom stecken kann.
(drs)
Zurück zur Startseite
Weitere Newsmeldungen
    • Starker Anstieg von Keuchhusten-Erkrankungen in Deutschland
      Mit 25.271 Fällen wurden im letzten Jahr mehr als doppelt so viele Keuchhusten-Erkrankungen in Deutschland gemeldet wie im Jahr 2014. Am häufigsten betroffen waren Säuglinge in Alter von unter einem Jahr. Dabei haben gerade Babys und Kleinkinder das bei Weitem größte Risiko eines schweren oder sogar...
      Mehr
    • Neue Studie aus Schweden untersucht klinische Merkmale der FSME bei Erwachsenen
      In Europa nehmen die Erkrankungszahlen der von Zecken übertragenen FSME (= Frühsommer-Meningoenzephalitis) in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zu. Schwedische Wissenschaftler des Karolinska Institutet in Stockholm haben vor Kurzem im Rahmen einer Studie die klinischen Merkmale und den Erkranku...
      Mehr
    • Durch KI und hyperspektrale Bildgebung sofortige Sepsis-Diagnose möglich
      Sepsis ist die Folge einer fehlgeleiteten Immunreaktion auf eine Infektion, die rasch zu Organversagen und Tod führen kann. Obwohl jede Stunde zählt, gestaltet sich gerade die frühzeitige Erkennung in der klinischen Praxis schwierig. Eine neue Studie von Forschenden des Deutschen Krebsforschungszent...
      Mehr
    • Bionisches Knie für eine bessere Bewegung nach Amputation
      Wissenschaftler des K. Lisa Yang Center for Bionics am Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben ein bionisches Knie entwickelt, das Menschen mit Amputationen oberhalb des Knies helfen kann, schneller zu gehen, Treppen zu steigen und Hindernissen leichter auszuweichen, als sie es mit einer h...
      Mehr
    • Einfluss von Vitamin-D3-Nanoemulsionen bei Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung
      Forscher des National Research Centre haben in einer Studie den Einfluss einer Vitamin-D3-haltigen Nanoemulsionsergänzung auf das Anpassungsverhalten und die Sprachleistung von Kindern mit ASs im Vergleich zum Einfluss des kommerziell erhältlichen Vitamin-D3-Produkts untersucht.
      Mehr
    • Zi-Trendreport 2024: Wieder deutlich mehr Videosprechstunden
      Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hat seinen aktuellen Trendreport zur Entwicklung der vertragsärztlichen Leistungen vom 1. Quartal 2021 bis zum 4. Quartal 2024 veröffentlicht. In 2024 hat sich mit 579 Millionen vertragsärztlich dokumentierten Behandlungsfällen in der ambul...
      Mehr
Zum Archiv

Quellen-URL (abgerufen am 02.08.2025 - 08:08): http://www.neuromedizin.de/Weiteres/Das-Muenchhausen-by-proxy-Syndrom-hat-viele-Gesichter.htm
Copyright © 2014 | http://www.neuromedizin.de ist ein Dienst der MedienCompany GmbH. | Medizin-Medienverlag | Amselweg 2, 83229 Aschau i. Chiemgau | Geschäftsführer: Beate Döring | Amtsgericht Traunstein | HRB 19711 | USt-IdNr.: DE 223237239