Impfschutz bei MS-Patienten zu niedrig: Hausärzte zurückhaltend beim Impfen

Der Impfschutz bei Multipler Sklerose (MS) ist besorgniserregend niedrig. Obwohl eine besondere Gefahr für Infektionen besteht, sind Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose häufig nicht entsprechend der Fachempfehlungen geimpft.

Beobachtungsstudie

Eine neue Beobachtungsstudie des Jenaer Uniklinikums identifiziert die Zurückhaltung der behandelnden Hausarztpraxen als einen Grund dafür und empfiehlt die Einrichtung von MS-Impfzentren.

Die Studie erfasste in sechs spezialisierten MS-Behandlungszentren in unterschiedlichen Regionen in Deutschland den Impfstatus von knapp 400 Patientinnen und Patienten, ihren Informationsstand und ihre Einstellung zum Impfen. Befragt wurden auch die behandelnden Hausärztinnen und Hausärzte, die die Impfungen durchführen. Im Ergebnis hatten MS-Erkrankte nur gut die Hälfte der empfohlenen Standardimpfungen. In einer altersangepassten gesunden Vergleichsgruppe lag die Impfrate sogar leicht höher. Weniger als jeder fünfte MS-Erkrankte war ausreichend gegen Gürtelrose, Grippe oder andere Atemwegserkrankungen geimpft. Das galt auch für MS-Patienten mit hochwirksamen immunsupprimierenden Medikamenten. Bezüglich ihrer Einstellung zum Impfen unterschieden sich die Gruppen nicht, nur wenige zeigten eine skeptische Haltung.

Hausärzte haben Bedenken

Von den 109 teilnehmenden Hausarztpraxen geben 82 Prozent an, dass sie wegen möglicher Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit Medikamenten Bedenken haben, ihre MS-Patienten zu impfen. Diese Unsicherheit ist nachvollziehbar, da jede Hausarztpraxis im Durchschnitt nur weniger als zehn MS-Patienten betreut. „Wir hören sowohl von Hausärzten als auch von Patienten immer wieder Befürchtungen, dass Impfungen Schübe auslösen oder den Verlauf der MS verschlechtern könnten“, so der Studienleiter PD Dr. Florian Rakers. „Dafür gibt es keinerlei Belege. Dass Infektionen die MS negativ beeinflussen können, ist dagegen gesichert.“

Der Neurologe schlägt deshalb vor, einige MS-Behandlungszentren als spezialisierten Impfzentren zu etablieren. Das könne dazu beitragen, dass Patientinnen und Patienten die leitliniengerechte Versorgung erhalten. Multiple Sklerose MS ist eine autoimmun bedingte chronische Entzündung, die das zentrale Nervensystem erfasst und oft in Schüben verläuft.

In Deutschland gibt es etwa 250.000 Betroffene. Neben den allgemein empfohlenen Standardimpfungen sollten MS-Erkrankte auch mit Impfungen speziell für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem geimpft sein. Die Immunisierung sollte möglichst vor der Einleitung einer Immuntherapie erfolgen.

Quelle: PI Universitätsklinikum Jena

(bd)
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Quellen-URL (abgerufen am 20.03.2025 - 02:30): http://www.neuromedizin.de/Studien/Impfschutz-bei-MS-Patienten-zu-niedrig--Hausaerzte-zurueckha.htm
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