ANIM 2015: Thrombektomie - Die Kliniken müssen sich vernetztenSchlaganfallbehandlung ändert sich – Differenzierung der Patienten

Die Krankenhäuser in Deutschland stehen vor neuen Herausforderungen in der Schlaganfallbehandlung. Die so genannte MrClean-Studie aus den Niederlanden belegt erstmals, dass durch die Thrombektomie, also das Entfernen eines Blutgerinnsels mittels eines Mikro-Katheters aus den Hirnarterien, für den Gesundheitszustand des Patienten besser ist als die herkömmliche Thrombolysetherapie. „Für die optimale Behandlung müssen alle Krankenhäuser einem Neurovaskulären Netzwerk angeschlossen sein“, sagt Professor Cornelius Weiller, Direktor der Neurologischen und Neurophysiologischen Universitätsklinik Freiburg. Im Rahmen einer Pressekonferenz der Arbeitstagung Neurointensivmedizin (ANIM 2015) in Berlin wurde jetzt über neue Herausforderungen in der Neurointensiv- und Notfallmedizin gesprochen.

„Wir müssen jetzt die Wichtigkeit des Gehirns in den Vordergrund stellen“, sagt Weiller, der zugleich Tagungspräsident der diesjährigen ANIM ist. Das sieht auch Professor Andreas Ferbert so. Er ist Direktor der Klinik für Neurologie am Klinikum Kassel. „Die Zahl der Patienten in diesem Bereich ist in den vergangenen Jahren überproportional gestiegen – die Anzahl der Behandlungsplätze leider nicht.“ Als ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurointensiv- und Notfallmedizin (DGNI) weiß Ferbert, dass die Intensivmedizin in Deutschland zunehmend auf nicht fachspezifischen Intensivstationen betrieben wird. „Hier müssen wir jetzt spezifische Modelle entwickeln, wie wir den Neurosachverstand zum Wohle der Patienten bereitstellen können“. An dieser Stelle kommen die Neurovaskulären Netzwerke der Deutschen Schlaganfall Gesellschaft (DSG) zum Einsatz. An insgesamt 16 zentralen Stellen wurden solche Netzwerke in Deutschland bereits etabliert. „Im Laufe dieses Jahres wird die Zertifizierung dieser Netze und die Neuausschreibung für neue Neurovaskuläre Netzwerke und deren Netzwerkzentren erfolgen“, berichtet Professor Gerhard Hamann, Vorsitzender der DSG. „Wir müssen unsere Strukturen so nutzen, dass jetzt jedes Krankenhaus mit einem dieser Netzwerke direkt in Verbindung steht“, ergänzt Cornelius Weiller.

Neben der Vernetzung spielen aber auch die strukturierte Weiterbildung sowie der Personaleinsatz auf den Stroke Units eine entscheidende Rolle. „Bei der Zertifizierung fordern wir auch immer eine personelle Mindestbesetzung“, so Hamann. „Ideal wären zwei Pflegekräfte für jedes Stroke-Unit-Bett.“ Laut DGS gibt es aktuell 260 Stroke Units in Deutschland, in denen 75 bis 80 Prozent der Schlaganfälle hierzulande behandelt werden. Um den aktuellen Herausforderungen auch in der Weiterbildung der Neurointensivmedizin zu begegnen, wird sich eine eigens eingerichtete Arbeitsgruppe mit dem Themenkomplex beschäftigen, berichtet ANIM-Tagungssekretär Dr. Wolf-Dirk Niesen. „So soll sichergestellt werden, dass der strukturierte Einsatz gut ausgebildeter Mediziner gerade in der Fläche bei einer heterogenen Landschaft von Neuro-Intensivstationen gewährleistet ist.“ Eine strukturierte Ausbildung und deren Überprüfung seien außerdem im Bereich der Hirntoddiagnostik zwingend erforderlich.

„Mit gut ausgebildeten Neurointensivmedizinern, ausgezeichneten Stroke Units mit ausreichend Personal und gut vernetzten Kliniken sind wir bei der Schlaganfall-Behandlung einen guten Schritt weiter“, sagt Tagungspräsident Cornelius Weiller. „Etwa 50 Prozent der akut Behandlungsfähigen werden wahrscheinlich von der Thrombektomie profitieren.“ Das sind bis zu zehn Prozent aller Schlaganfallpatienten. Jetzt gelte es nur noch die Patienten so schnell wie möglich zu selektieren, um sie so einem entsprechenden Netzwerkzentrum zur Behandlung zukommen zu lassen. „Hier müssen entsprechend gebildete Neurologen sowie mindestens CT und CTA rund um die Uhr zur Verfügung stehen“, bekräftigt Weiller. Als Krankenhaus könne man so den Herausforderungen in der Schlaganfallbehandlung begegnen.

(Torben Brinkema / map)
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Quellen-URL (abgerufen am 27.04.2024 - 05:52): http://www.neuromedizin.de/National/ANIM-2015--Thrombektomie---Die-Kliniken-muessen-sich-vernetz.htm
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