Vielversprechender Ansatz zur Therapie genetischer Erkrankungen
Einen neuen, vielversprechenden Ansatz zur Therapie der Aspartylglukosaminurie (AGU), der spätinfantilen neuronalen Ceroid-Lipofuszinose (cLINCL) und anderer Erbkrankheiten haben Biochemikerinnen der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) in der Fachzeitschrift „Cells“ [1] beschrieben.

AGU und cLINCL sind seltene Erbkrankheiten, die zu schwerwiegenden Entwicklungsstörungen führen und die Lebenserwartung deutlich verkürzen. Für die AGU gibt es bisher keine Therapie, für die cLINCL dagegen schon, die allerdings teuer ist und regelmäßig eine intracerebroventrikuläre Infusion erfordert.

AGU und cLINCL gehören zu den lysosomalen Speicherkrankheiten; sie werden durch Mutationen in den Genen für das Enzym Aspartylglukosaminidase (AGA) bzw. Tripeptidylpeptidase 1 (TPP1) verursacht. Diese Enzyme sind in den Lysosomen an der Beseitigung von überflüssig gewordenen Eiweißstoffen beteiligt. Bei Fehlfunktionen dieser Enzyme häufen sich Eiweißstoffe an, was zur Fehlfunktion der Lysosomen und schließlich zum Tod der Zelle führt.

Damit die Zelle funktionsfähige Enzyme synthetisieren kann, muss die genetische Information in eine Boten-RNA (mRNA) transskribiert werden. Hierbei entstehen zunächst mRNA-Vorstufen, die danach weiter prozessiert werden. Nur wenn diese Prozessierung korrekt abläuft, kann das Enzym AGA oder TPP1 synthetisiert werden. Bestimmte Gendefekte verhindern jedoch die richtige Prozessierung, sodass kein korrektes Enzym entstehen kann. Etwa 15 Prozent aller genetischen Erkrankungen werden durch Mutationen verursacht, die zu Defekten bei der Prozessierung der mRNA führen.

Prof. Dr. Ritva Tikkanen und ihre Mitarbeiterin Dr. Antje Banning, Autoren der „Cell“ Publikation, haben kleine, natürlich vorkommende Substanzen identifiziert, die die Prozessierung der mRNA-Vorstufen bei Gendefekten korrigieren, so dass korrektes Enzym entsteht, das die akkumulierten Eiweißstoffe abbaut. Insofern könnten die identifizierten Substanzen als Therapie für AGU, cLINCL und andere Erbkrankheiten, die auf ähnlichen Mutationen basieren, geeignet sein, heißt es in einer JLU-Mitteilung.

Quelle: PI JLU, 21. Oktober 2021

Originalarbeit

[1] Banning A, Tikkanen R: Towards Splicing Therapy for Lysosomal Storage Disorders: Methylxanthines and Luteolin Ameliorate Splicing Defects in Aspartylglucosaminuria and Classic Late Infantile Neuronal Ceroid Lipofuscinosis.

(boebue)
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