Unterscheidung verschiedener Hirnregionen durch neues Bildgebungsverfahren

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und der Universität Groningen haben mit dem sogenannten „Diattenuation Imaging“ (DI) ein neues Bildgebungsverfahren entwickelt, dass es möglich macht, Strukturinformationen über das Hirngewebe zu gewinnen, die bisher nur schwer zugänglich waren. Das DI-Verfahren basiert auf dem „3D Polarized Light Imaging“ (3D-PLI), einer am Forschungszentrum Jülich entwickelten Methode, die die Verläufe von Nervenfasern mit einer Auflösung von wenigen tausendstel Millimetern sichtbar macht. 3D-PLI wird unter anderem im europäischen „Human Brain Project“ angewendet, um Faserstrukturen des Gehirns in bislang beispielsloser Detailtiefe in 3D zu erforschen. Bei der Messung mit 3D-PLI werden die Gehirnschnitte mit polarisiertem Licht durchleuchtet. Bei einer Diattenuation-Messung hingegen wird nicht die polarisationsabhängige Lichtbrechung des Gehirnschnittes, sondern die polarisationsabhängige Lichtabschwächung bestimmt. Beim „Diattenuation Imaging“ wird die Diattenuation-Messung mit einer 3D-PLI-Messung kombiniert. Durch diese Kombination ist es möglich, verschiedene Hirnregionen zu unterscheiden.

 Bildgebungsverfahren

So funktioniert das neue Bildgebungsverfahren „Diattenuation Imaging“ (Zum Vergrößern auf das Bild klicken): Mit 3D-PLI (links) werden die Richtungen der Nervenfasern bestimmt. Eine Diattenuation-Messung (rechts) verrät, bei welcher Polarisationsrichtung maximal viel Licht durch den Gehirnschnitt fällt. Regionen, in denen diese Polarisationsrichtung parallel (bzw. senkrecht) zur Faserrichtung verläuft, werden grün (bzw. lila) markiert.
Copyright: Forschungszentrum Jülich / Miriam Menzel, Tobias Schlößer

Einige Regionen lassen am meisten Licht hindurch, wenn die Schwingungsrichtung des einfallenden Lichts parallel zur Faserrichtung verläuft. Andere sind maximal durchlässig, wenn die beiden Richtungen senkrecht aufeinander stehen. Wie sich das Gewebe verhält, hängt unter anderem von der Zeit ab, die nach der Eindeckung der Gehirnschnitte vergangen ist. Der Effekt hängt aber auch noch mit anderen Gewebeeigenschaften zusammen, etwa mit der Dicke der Nervenfasern und der umhüllenden Myelinscheide, wie die Forscher mithilfe von Simulationen am ehemaligen Jülicher Supercomputer JUQUEEN zeigen konnten. Auf diese Weise stellt „Diattenuation Imaging“ eine wichtige Ergänzung zu 3D-PLI dar und ermöglicht eine genauere Untersuchung von Hirngewebe. Dieses Verfahren könnte künftig zur Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen wie Multiple Sklerose und Multisystematrophie (MSA) eingesetzt werden, die mit einer krankhaften Veränderung der Myelinscheide einhergehen. Darüber hinaus hilft die Technik, bei der sehr komplexen Rekonstruktion des Gehirns zusammenhängende Regionen und Gewebetypen zu erkennen und pathologische Veränderungen sichtbar zu machen. Die Forschungsergebnisse wurden im Fachjournal Scientific Reports veröffentlicht.

Originalpublikation: Diattenuation Imaging reveals different brain tissue properties., Menzel M, Axer M, Amunts K, De Raedt H, Michielsen K.

Quelle: Fachmeldung Jülich Forschungszentrum

(bd)
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