Umfrage unter Psychiatern: Corona-Krise sorgt für deutliche Zunahme psychischer Probleme

In einer aktuellen Online-Umfrage der pronova BKK bei Ärzten zeigte sich, dass auch bislang unbelastete Menschen in der Corona-Pandemie in seelische Nöte geraten. Fast alle befragten Mediziner berichten von neuen Patientinnen und Patienten, die erst seit der Corona-Krise in Behandlung sind. Terminanfragen haben vor allem bei niedergelassenen Psychiatern und Psychotherapeuten zugenommen. Überforderung im Corona-Alltag, Ängste und familiäre Probleme hatten den neuen Patienten so zugesetzt, dass sie sich in Behandlung begaben. Besonders groß war der Andrang der Studie zufolge im dritten Quartal 2020. "Erst nach dem Lockdown im Frühling suchten die Menschen verstärkt psychologische Unterstützung. Im Sommer sanken die Infektionszahlen und die akuten Corona-Sorgen wurden kleiner - Menschen, die psychisch stark gelitten hatten, kämpften aber mit anhaltenden Beschwerden. Das war der Moment für viele, professionelle Hilfe einzuholen", sagt Dr. Herold von der pronova BKK.

Die Online-Befragung "Psychische Gesundheit in der Krise" wurde im Oktober und November 2020 im Auftrag der pronova BKK im Rahmen einer Online-Befragung durchgeführt. Bundesweit nahmen 154 Psychiaterinnen und Psychiater sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten daran teil.

  • 82 Prozent der Befragten diagnostizieren öfter Angststörungen als vor der Krise
  • 79 Prozent stellen vermehrt die Diagnose einer Depression
  • 74 Prozent vermerken Anpassungsstörungen, also stark ausgeprägte Reaktionen auf belastende Ereignisse
  • 72 Prozent sprechen von einer Zunahme somatoformer Störungen, also von Beschwerden wie Müdigkeit, Erschöpfung oder Schmerzen ohne organische Ursache

Vor allem die Nachtruhe ist beeinträchtigt: Dass Patienten nicht schlafen können, ohne dass es dafür eine körperliche Ursache gibt, beobachten zwei Drittel der Psychiater und Therapeuten vermehrt seit Beginn der Corona-Krise. In vielen Fällen war eine medikamentöse Therapie angezeigt. Knapp ein Viertel der Befragten hat seit Beginn der Pandemie mehr Arzneimittel verschrieben.

Die gefühlte Bedrohung

"Die Pandemie stellt den Alltag auf den Kopf und raubt den Menschen das sichere Gefühl gewohnter Strukturen", sagt Dr. Gerd Herold, Beratungsarzt bei der pronova BKK. "Überforderung entsteht zum Beispiel im Familienleben oder im Corona-bedingten Homeoffice. Neue Vorschriften und Umgangsformen wie Abstandsregeln, Masken oder Kontaktbeschränkungen wirken verunsichernd und tendenziell destabilisierend. Angst vor einer Infektion mit dem Virus, um Angehörige, um den Job, Existenzsorgen oder auch Ängste vor sozialer Isolation im Lockdown sind weit verbreitet und hinterlassen Spuren, sagt Dr. Herold weiter."

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Quellen-URL (abgerufen am 28.03.2024 - 14:57): http://www.neuromedizin.de/Psychiatrie/Umfrage-unter-Psychiatern--Corona-Krise-sorgt-fuer-deutliche.htm
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