Psychische Störungen können körperliche Beschwerden mit Symptomen hervorrufen, die auf andere Krankheiten hinweisen, z. B. Epilepsie oder Multiple Sklerose. Bei Menschen, die an dissoziativen Bewusstseinsstörungen oder psychogenen Anfällen leiden, führt das oftmals zunächst zu falschen Diagnosen. Um Patientinnen und Patienten schneller zu einer richtigen Therapie zu verhelfen, haben die Kliniken für Epileptologie, Psychiatrie und Psychosomatische Medizin am Universitätsklinikum Bonn (UKB) als erstes Klinikum bundesweit sowohl eine gemeinsame Sprechstunde gegründet als auch einen modellhaften, interdisziplinären Patientenpfad aufgesetzt.

„Wir schätzen, dass allein in Deutschland 30.000 Menschen fälschlicherweise mit Antiepileptika behandelt werden“, stellt Prof. Rainer Surges, Direktor der Klinik und Poliklinik für Epileptologie am UKB fest. „Denn die so genannten psychogenen Anfälle weisen oft Phänomene und Anzeichen auf, die epileptischen Anfällen stark ähneln. Wenn wir nun noch andere Störungen wie Ohnmachtsanfälle und Pseudolähmungen hinzufügen, wird der Betroffenenkreis noch größer.“ Dies führt nicht nur zu einer verlängerten Medikamenteneinnahme, sondern auch zur Beeinträchtigung des Alltagslebens der Betroffenen.

Für Prof. Franziska Geiser, Direktorin der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am UKB, ist es wichtig, „dass die ambulant behandelnden Kolleginnen und Kollegen auf die Betroffenen eingehen und sie motivieren können“. Daher sind künftig Fortbildungen für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten geplant, um das neue Behandlungsangebot zu festigen.

Die Zielgruppe für dieses neue Angebot sind Menschen, die trotz ärztlicher Behandlung an wiederkehrenden Zuckungen von Körperteilen, Bewusstseinsstörungen und Erinnerungslücken, Ohnmachts- oder Krampfanfälle leiden.

Quelle: PI UKB, 21.9.2021