Vitamin A-Retinoic Säure: Neue Erkenntnisse für die Krebstherapie

Titelbild Viele spezialisierte Zellen, so etwa in der Haut, im Darm oder im Blut, überleben nur wenige Tage. Ein ständiger Nachschub an diesen Zellen ist daher unerlässlich. Die Quelle dafür bilden wenige adulte Stammzellen, die sich lebenslang teilen. Darüber hinaus existiert im Knochenmark noch eine Gruppe ganz besonderer Stammzellen, wie das Forscher-Team von Andreas Trumpp, Abteilungsleiter am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Direktor des HI-STEM gGmbH bereits im Jahr 2008 erkannt hat. Sie verbringen die meiste Zeit des Lebens in einer Art Schlafzustand und wird nur in Notfällen aktiv, etwa bei bakteriellen oder viralen Infektionen, massivem Blutverlust oder nach einer Chemotherapie. Nach getaner Arbeit versetzt der Körper seine potentesten Stammzellen wieder in den Ruhezustand. Das schützt sie vor gefährlichen Mutationen, die zu Leukämien führen können, vermuten die Wissenschaftler. Über welche Mechanismen diese speziellen Stammzellen aktiv werden beziehungsweise sich nach getaner Arbeit wieder in den Schlaf versetzen, war bislang unklar. Als einen entscheidenden Faktor haben die Wissenschaftler nun Retinsäure identifiziert, einen Vitamin-A-Abkömmling.

Retinsäure entscheidend

Laut den Wissenschaftlern handelt es sich dabei um schlafende Stammzellen, die nur im Notfall - etwa bei massivem Blutverlust oder Infektionen - aktiv werden. Die Erkenntnisse dienen nicht nur dem besseren Verständnis des Reifungsprozesses von Blutzellen. Sie eröffnen auch neue Perspektiven für die Krebstherapie. Über welche Mechanismen diese speziellen Stammzellen aktiv werden beziehungsweise sich nach getaner Arbeit wieder in den Schlaf versetzen, war bislang unklar. Als entscheidenden Faktor haben die Forscher Retinsäure identifiziert, einen Vitamin-A-Abkömmling. Fehlt die Substanz, können aktive Stammzellen nicht mehr zurück in die Schlafphase und reifen stattdessen zu spezialisierten Blutzellen heran. Als Reservoir gehen sie dadurch verloren. Das beweisen Untersuchungen mit speziell gezüchteten Mäusen, deren schlafende Stammzellen grün fluoreszieren. "Füttern wir diese Mäuse über längere Zeit mit einer Vitamin-A-freien Diät, führt dies zum Verlust der Stammzellen", sagt Nina Cabezas-Wallscheid, Erstautorin der Arbeit. "Damit können wir erstmals belegen, dass Vitamin A einen direkten Einfluss auf Blutstammzellen hat. Das zeigt, wie lebenswichtig es ist, Vitamin A über eine ausgewogene Ernährung zuzuführen."

Erkenntnisse Basis für neue Therapien

Die DKFZ-Forscher erhoffen sich aber auch neue Perspektiven für die Krebstherapie. Denn vermutlich verharren nicht nur gesunde Stammzellen, sondern auch Krebsstammzellen in solch einem Ruhezustand. Dann ist ihr gesamter Stoffwechsel nahezu abgeschaltet, was sie unempfindlich macht gegenüber Chemotherapien. "Wenn wir im Detail verstanden haben, wie das Vitamin A beziehungsweise die Retinsäure dazu beiträgt, normale und bösartige Stammzellen in den Schlaf zu schicken, können wir versuchen den Spieß umzudrehen", erklärt Andreas Trumpp, Abteilungsleiter am DKFZ und Direktor des HI-STEM. "Gelänge es, Krebsstammzellen kurzzeitig gezielt in einen aktiven Zustand zu bringen, könnte man sie damit zugänglich machen für moderne Therapien."

Die Originalarbeit „Vitamin A/Retinoic Acid Signaling Regulates Hematopoietic Stem Cell Dormancy.” wurde aktuell in der Fachzeitschrift CELL veröffentlicht.

Bildquelle: Vitamin A, das in vielen Lebensmitteln enthalten ist, reguliert die Blutstammzellen. © Iris Joval/DKFZ

(pte/map)
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Quellen-URL (abgerufen am 28.03.2024 - 23:06): http://www.neuromedizin.de/Forschung/Vitamin-A-Retinoic-Saeure--Neue-Erkenntnisse-fuer-die-Krebst.htm
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