Mittels Röntgenscreening finden DESY-Forscher viele Wirkstoffmoleküle für Medikamente gegen das Coronavirus

Wissenschaftler des Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY, ein Forschungszentrum der Helmholtz-Gemeinschaft, untersuchten in ihrem Wirkstoffscreening mit Hilfe der Proteinkristallographie. Sie untersuchten nicht wie üblich Fragmente potenzieller Wirkstoffe, sondern vollständige Wirkstoffmoleküle. Dabei entdeckte das Team aus mehr als 100 WissenschaftlerInnnen aber auch etwas komplett Unerwartetes: Es fand eine Bindungsstelle an der Hauptprotease, die bis dahin noch völlig unbekannt war. „Es war nicht nur eine positive Überraschung, dass wir eine neue Bindestelle für Medikamente an der Hauptprotease entdecken konnten – ein Ergebnis, das man wirklich nur an einer Synchrotronlichtquelle wie PETRA III erzielen kann –, sondern dass sogar einer der beiden heißen Wirkstoffkandidaten genau an diese Stelle bindet“, sagt Christian Betzel vom Exzellenzcluster CUI der Universität Hamburg, Mitinitiator der Studie.

„Eine besondere Stärke unserer Methode des Röntgenscreenings im Vergleich zu anderen Screeningmethoden ist, dass wir als Ergebnis die dreidimensionale Struktur der Protein-Wirkstoff-Komplexe erhalten und damit die Bindung der Wirkstoffe an das Protein auf atomarer Ebene bestimmen können. Selbst wenn die beiden aussichtsreichsten Kandidaten es nicht in klinische Studien schaffen sollten, so bilden die 37 Stoffe, die an die Hauptprotease binden, eine wertvolle Datenbasis für darauf aufbauende Medikametenentwicklungen,“ erläutert Patrick Reinke, DESY-Forscher und Koautor der Veröffentlichung.

„Die Untersuchungen an PETRA III zeigen eindrucksvoll, wie relevant hochbrillante Synchrotronlichtquellen für die Entwicklung zukünftiger Medikamente und die Gesundheitsforschung insgesamt sind“, unterstreicht Helmut Dosch, Vorsitzender des DESY-Direktoriums. „Wir müssen und wollen unsere Infrastrukturen künftig noch stärker zur Bewältigung von derartigen Gesundheitskrisen ausbauen.“

An den Arbeiten sind neben DESY-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern auch Forscherinnen und Forscher der Universitäten Hamburg und Lübeck, des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin, des Fraunhofer-Instituts für Translationale Medizin und Pharmakologie, des Heinrich-Pette-Instituts, des European XFEL, des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie EMBL, der Max-Planck-Gesellschaft, des Helmholtz-Zentrums Berlin und weiteren Institutionen beteiligt. Zusätzlich zu den Experimenten an der Messstation P11 wurden auch Messungen an den EMBL-Messstationen P13 und P14 an PETRA III durchgeführt.

Originalveröffentlichung: X-ray screening identifies active site and allosteric inhibitors of SARS-CoV-2 main protease; Science, 2021

Quelle: News-Meldung vom Forschungszentrum DESY, 02.04.2021

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