DGN-Kongress 2017: Parkinson-Krankheit im Fokus

Prof.BergDer 90. DGN-Kongress 2017 der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), ist heute unter dem Motto „Mensch im Blick – Gehirn im Fokus“ in Leipzig eröffnet worden. Dabei steht u. a. auch die Parkinson-Krankheit im Fokus. "Es gibt nicht nur eine Parkinson-Krankheit – es gibt viele“, sagte Professor Daniela Berg, Direktorin der Klinik für Neurologie, UKSH, Campus Kiel, heute zum Auftakt des Neurologenkongresses in Leipzig. Die Forscherin aus Kiel ist mit aktuellen Studien den zahlreichen möglichen Auslösern in den Genen und aus der Umwelt auf der Spur. Und das soll ganz praktische Konsequenzen haben. Denn: „Wenn wir die Ursache der Parkinson-Krankheit in einem möglichst frühen Stadium erkennen, können wir dem Betroffenen besser helfen.“ Daran arbeitet nicht allein die Direktorin des Kieler Universitätsklinikums, sondern eine große internationale Forschergemeinde. Was diese jetzt schon herausgefunden hat und wie Patienten davon profitieren, erläuterte die Neurologin heute auf dem Jahres-Kongress .

Neue Studien: Wie sich Parkinson über Jahre einschleicht

Ursache für diese unspezifischen Symptome ist die Tatsache, dass die Parkinson-Krankheit sich über Jahre schleichend im ganzen Nervensystem ausbreitet. „Neue Studien stützen die Hypothese, dass die Parkinson-Krankheit im Magen/Darm entsteht und über die Nervenbahnen ins Gehirn wandert“, sagt Professor Berg. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das fehlgefaltete Eiweißmolekül Alpha-Synuklein, das sich in den erkrankten Nervenzellen ablagert. „An Parkinson erkrankte Nervenzellen können andere Nervenzellen quasi anstecken“, so Berg. Erkrankungstypische Ablagerungen von Alpha-Synuklein finden sich auch außerhalb des Gehirns, etwa im Darm, in den Speicheldrüsen oder in der Haut. Eine kürzlich veröffentlichte Studie von Marburger und Würzburger Neurowissenschaftlern konnte bei Risikopatienten die Erkrankung bereits vor Ausbruch der motorischen Symptome anhand einer Hautprobe nachweisen.

Schwierigkeit Frühdiagnose

Das Dilemma der Parkinson-Diagnostik: Wenn sich die ersten motorischen Symptome zeigen, sind bereits mehr als 50 Prozent der dopaminergen Neurone im Mittelhirn abgestorben. Der Erkrankungsprozess läuft dann bereits Jahre bis Jahrzehnte. Die Krankheit früher zu erkennen gelingt anhand der spezifischen Konstellation von Bewegungsauffälligkeiten und nichtmotorischen Symptomen. „Schon wer dezente Veränderungen seiner Armbewegung, der Feinmotorik oder des Schriftbildes feststellt, sollte sich neurologisch untersuchen lassen“, rät Professorin Berg , insbesondere, wenn noch Störungen der Geruchswahrnehmung, chronische Verstopfung, Depressionen, Schwierigkeiten beim Wasserlassen oder Traumschlafstörungen dazukommen.

Neue Therapien

Auch wenn aktuell noch kein Medikament das Nervenzellsterben stoppen kann, hat eine frühe Diagnosestellung Konsequenzen für die Therapie. Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass Patienten schon in der Anfangsphase von einer Therapie mit Dopamin oder Dopamin-ähnlichen Substanzen profitieren. „Wenn die Diagnose Parkinson gestellt wird, herrscht schon lange ein beträchtlicher Mangel am Botenstoff Dopamin. Das Gehirn kann diesen Mangel aber einige Zeit lang ausgleichen. Therapeutisches Dopamin entlastet das Gehirn, hilft ihm – wie Öl in einem Motor – regelhaft zu arbeiten, was zu einer besseren Beweglichkeit beiträgt“, erklärt Berg. „Heute sind Menschen, die mit Parkinson leben, auch nach vielen Jahren in der Regel weniger eingeschränkt als noch vor 15 bis 20 Jahren.“

Aktiv bleiben, beweglich bleiben

Zudem mehren sich die Hinweise, dass auch die Erkrankten selbst positiv zu dem Verlauf beitragen können. Lebensstil-Faktoren wie ausreichende körperliche Aktivität und der Konsum von vitamin- und polyphenolhaltigen Lebensmitteln wie Kaffee, grüner/schwarzer Tee oder roten Beeren können hier hilfreich sein. Eine Umsetzung dieser Erkenntnisse ist auch für die gesunde Bevölkerung von vorbeugender Bedeutung: In mehreren Studien wurde klar belegt, dass Menschen mit ausreichender körperlicher Aktivität ab dem mittleren Erwachsenenalter im Alter weniger häufig an Parkinson erkranken.

Literatur:

• Liu B et al. Vagotomy and Parkinson disease: A Swedish register-based matched-cohort study. Neurology 2017; 88: 19962002. doi: 10.1212/WNL.0000000000003961. Epub 2017 Apr 26.

• Starke Belege: Parkinson-Erkrankung könnte im Magen beginnen.

• Doppler K et al. Dermal phospho-alpha-synuclein deposits confirm REM sleep behaviour disorder as prodromal Parkinson’s disease. Acta Neuropathologica 2017; doi: 10.1007/s00401-017-1684-z

• LaHue SC, Comella CL, Tanner CM. The best medicine? The influence of physical activity and inactivity on Parkinson’s disease. Mov Disord. 2016 Oct;31(10):1444–1454.

• Speelman AD, van de Warrenburg BP, van Nimwegen M, Petzinger GM, Munneke M, Bloem BR. How might physical activity benefit patients with Parkinson disease? Nat Rev Neurol. 2011 Jul 12;7(9):528–34

• Xu Q, Park Y, Huang X, Hollenbeck A, Blair A, Schatzkin A, Chen H. Physical activities and future risk of Parkinson disease. Neurology. 2010 Jul 27;75(4):341–8.

Quelle: DGN

BU: Prof. Daniela Berg beim DGN-Kongress; Foto: DGN/Hauss

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