Psychiatrische Störungen durch Baustein-Veränderungen im Gehirn

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie (MPI), München, haben in einer Studie untersucht, welche Rolle die RNA bei der Regulierung der Stressantwort und bei stressbedingten psychiatrischen Erkrankungen spielt. Konkret wurden die Veränderungen eines Bausteins, die m6A-Methylierung, im Gehirn erforscht. Es zeigte sich, dass die „epigenetische“ Modifizierung der RNA an der Regulierung der Stressantwort beteiligt ist. RNA sind Biomoleküle, die Erbinformation in sich tragen und für deren Übertragung zuständig sind: Sie sorgen dafür, dass genetische Information z. B. in Proteine umgesetzt wird. Für ihre Forschungen schalteten die MPI-Wissenschaftler im Mausmodell gezielt die Enzyme aus, die an der m6A-Methylierung erwachsener Nervenzellen beteiligt sind. Je nachdem, welches Enzym sie ausschalteten, reduzierte sich m6A oder stieg an. Die Untersuchungen ergaben, dass die Ausschaltung der Enzyme die Art verändert, wie Mäuse mit Stress umgehen: Die Enzyme werden zur Bildung des Angstgedächtnisses benötigt und wirken bei der synaptischen Plastizität mit. Alon Chen, Institutsdirektor und Projektleiter, erklärt: “Es mehren sich die Hinweise, dass die Feinabstimmung, die wir bei der mRNA-Methylierung beobachten, der Entstehung psychiatrischer Störungen zugrunde liegt. Wir nehmen an, dass die Erforschung der Rolle, die die mRNA-Methylierung bei der Regulierung der Gehirnfunktion spielt, uns dabei helfen wird, psychiatrische Störungen besser zu verstehen”. Weiterhin verglichen die Wissenschaftler Blutproben von Patienten, die an Depression litten, mit denen von gesunden Probanden. „Besonders interessant war für uns, dass die m6A-Signatur im Blut von Patienten mit Depression nach einer Aktivierung des Stresssystems eine Veränderung ihrer Dynamik zeigte“, sagt Institutsdirektorin Elisabeth Binder, die für diesen Teil der Studie verantwortlich zeichnet. "Künftige Studien sollten die Rolle zusätzlicher Gene und Proteine in der Methylierungsmaschinerie RNA sowie deren Rolle bei der Regulierung der Stressantwort und bei stressbedingten Psychopathologien erforschen", so Alon Cheng. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in der international renommierten Fachzeitschrift „Neuron„ veröffentllicht.

Quelle: PI Max-Planck-Institut für Psychiatrie

(bd)
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