„Gehirnrauschen“ – Schlüssel zur Wirksamkeit psychiatrischer Behandlungen?

Die Variabilität der Hirnsignale wurde historisch als Marker für „Rauschen“ im Gehirn angesehen; doch nun gewinnt sie als Prädiktor für das Ansprechen auf eine psychiatrische Behandlung an Bedeutung.

So zeigten Forscher vom Karolinska Institute und vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (MPIB), dass Moment-zu-Moment-Schwankungen der Hirnaktivität zuverlässig vorhersagen können, ob Patienten mit sozialer Angststörung für eine kognitive Verhaltenstherapie (Cognitive Behavioral Therapy – CBT) empfänglich sind [1]. Dazu entwarfen sie eine einzigartige Studie: 45 Patienten mit sozialer Angststörung ließen ihre Hirnaktivität während passiver Ruhe und emotionaler Gesichtsbetrachtung (eine soziale Angst-relevante Aufgabe) in zwei Sitzungen im Abstand von 11 Wochen abbilden, um die neuronale Variabilität von Moment zu Moment zu erfassen. Danach unterzogen sich die Patienten einer 9-wöchigen kognitiven Verhaltenstherapie, die über das Internet durchgeführt wurde.

Die Forscher zeigten, dass die während der emotionalen Aufgabe gemessene Signalvariabilität des Gehirns der stärkste und zuverlässigste Prädiktor für das Behandlungsergebnis war, obwohl die Aufgabe nur drei Minuten dauerte.

„Variabilität in Hirnsignalen wird oft als Messrauschen betrachtet, etwas, das vor der weiteren Analyse beseitigt werden muss. Wir zeigen erste Hinweise darauf, dass neuronale Variabilität ein zuverlässiger und effizienter Prädiktor für psychiatrische Behandlungsergebnisse sein kann, insbesondere wenn störungsrelevante Aufgabendesigns verwendet werden. Wir müssen einfach unsere Standardansätze in diesem Bereich überdenken, um die klinische Wirkung zu maximieren“, sagt Hauptautor Kristoffer Månsson, klinischer Psychologe und Forscher in der Abteilung für klinische Neurowissenschaften, Karolinska Institutet.

In der nächsten Phase ihrer Forschung werden die Autoren größere Proben sammeln, um zu untersuchen, ob die Variabilität des Hirnsignals vorhersagen kann, welcher spezifischen Behandlung sich ein Patient unterziehen sollte.

Quelle: PI MPIB, 18. Oktober 2021

Originalpublikation

[1] Månsson KNT, et al.: Moment-to-moment brain signal variability reliably predicts psychiatric treatment outcome. 

(boebue)
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