Schwerer Krankheitsverlauf bei COVID-19 löst Entzündungsreaktion im Gehirn aus

In einer Forschungsarbeit wollten ForscherInnen der Universität Saarland und der Stanford University herausfinden, was genau auf zellullärer Ebene im Gehirn bei einer schweren COVID-19-Erkrankung passiert. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Immun- und Barrierezellen im Gehirn bei einer schweren Erkrankung aktiviert werden. Die Studie wurde jetzt im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht.

Das Forscherteam um Andreas Keller, Klinische Bioinformatik-Professor der Universität des Saarlandes und Kollegen an der Stanford University konnten für ihre Analysen Gewebeproben von acht an Covid-19 verstorbenen Patienten und 14 Kontrollpatienten, von denen einer an Influenza (Grippevirus) verstorben war, nutzen. Das Gewebe aus Hirnregionen von Covid-19-Patienten wurde von Walter Schulz-Schaeffer, Professor für Neuropathologie der Saar-Universität, entnommen.

Das untersuchte Gewebe stammte aus dem Frontallappen der Großhirnrinde sowie dem Plexus choroideus, der eine wichtige Barriere zwischen den strikt getrennten Systemen Blutkreislauf und den mit Hirnflüssigkeit gefüllten Hohlräumen im Gehirn darstellt. Die aktiven Gene jeder einzelnen Zelle der Gewebeproben wurden in Stanford mithilfe einer RNA-Einzelsequenzierung betrachtet. Insgesamt wurden rund 65.000 Zellkerne aus 30 Hirnproben analysiert. „Wir stellten fest, dass durch Covid-19 eine für die Erkrankung typische Entzündungsreaktion im Gehirn ausgelöst wird“, erklärt Andreas Keller.

In den Genanalysen konnte nicht nur gesehen werden, dass die Immunzellen im Hirngewebe, die sogenannten Mikroglia, bei den an Covid verstorbenen Patienten stark aktiviert waren, es konnten auch aktivierte T-Zellen (Lymphozyten) nachgewiesen werden, die die Entzündung erstärkten.

„Die veränderten molekularen Prozesse, die beim Ein- und Ausschalten der Gene in den Gehirnzellen zu beobachten waren, ähneln den Mustern, die wir von anderen neurologischen und psychischen Erkrankungen kennen, etwa der Schizophrenie, bei Depression oder kognitiven Schwächen“, erklärt Fabian Kern, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Andreas Keller Erstautor der Nature-Publikation ist, gemeinsam mit seinem Stanford-Kollegen Andrew C. Yang.

In weiteren Studien wollen die ExpertenInnen untersuchen, ob auch die bei Long-Covid-Patienten aufgetretenen Konzentrationsschwächen und Sprachstörungen auf diese Entzündungen im Gehirn zurückzuführen sind.

Quelle: PI Universität Saarland, 21.6.2021

Originalpublikation:

Dysregulation of brain and choroid plexus cell types in severe COVID-19 

(bd)
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