In Deutschland erleiden im Schnitt 44.000 Menschen jährlich eine Kopfverletzung im Sport. Trotz ärztlicher Checklisten werden beispielsweise Gehirnerschütterungen häufig übersehen. Ob Gehirnerschütterung, Schädelprellung oder schwerere Schädel-Hirn-Traumen (SHT) – es gilt unverzüglich eine adäquate Behandlung einzuleiten, da mögliche Spätfolgen gravierend sein können.
Im Rahmen des 16. Zeulenrodaer Kongress für Orthopädie und Sportorthopädie (ZKOS) referierte die Neurologin und Sportmedizinerin Prof. Dr. Iris Reuter, Oberärztin am Universitätsklinikum Gießen zu den möglichen Spätfolgen.
3 Schweregrade
Schädel-Hirn-Traumen werden heute in 3 Schweregrade eingeteilt“, so Prof. Iris Reuter, „Grad eins entspricht der Gehirnerschütterung, Grad 2 wurde früher Gehirnprellung genannt und Grad 3 wird auch als Gehirnquetschung bezeichnet.“ Die Einteilung erfolgt nach dem „Glasgow Coma Score“, einem klinischem Bewertungsschema für Bewusstseins- und Hirnfunktionsstörungen. „Hiermit wird die Bedeutung der klinischen Untersuchung des Verletzten in den Vordergrund gestellt."
Beim Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades muss entgegen der landläufigen Meinung keine Bewusstlosigkeit vorliegen. Auch der Athlet, der nicht bewusstlos war, kann eine Schädigung des Gehirns erlitten haben. Tritt eine Bewusstlosigkeit ein, so hält sie maximal ca. 5 min an. Bei einem schwereren Schädel-Hirn-Trauma ist die initiale Bewusstlosigkeit länger und auch die strukturelle Schädigung des Gehirns ausgeprägter bis hin zu Gewebszerreißungen, Blutungen und Hirnödem“, so Reuter.
Bei wiederholten Kopfverletzungen, wie sie beispielsweise bei Kontaktsportarten auftreten können, kann es zur chronisch traumatischen Enzephalopathie kommen. Sie geht mit einer Schädigung und fortschreitender Degeneration von Nervenzellen einher. Zusätzlich können sich Tau-Proteine im Gehirn einlagern.
Es muss aber nicht immer nur der aktive Sport sein, der zu Schädel-Hirn-Traumen führt. Besonders häufig sehen Prof. Reuter und ihre Kollegen Kopfverletzungen bei Radfahrern. Da ist es egal, ob sportlich mit dem Rennrad oder einfach nur mit dem Holland-Rad zur Arbeit: wer kopfüber über den Lenker fällt, hat hohe Risiken für eine Gehirnverletzung. Diese muss, um Folgeschäden zu vermeiden, IMMER genügend Zeit haben, auszuheilen.
Quelle: idw-online.de / PI Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS)