Epilepsie eine Folge des Kahlschlags im Dendritenbaum

Neue Befunde zur Funktion des Enzyms SLK im Gehirn könnten helfen, die Therapie der Epilepsie zu verbessern. Fehlt nämlich dieses Enzyms im Gehirn, nimmt die Zahl inhibitorischer Synapsen ab; die Aktivität betroffener Neuronen lässt sich dann schlechter hemmen. Das haben Forschende der Universität Bonn herausgefunden [1]. Dazu passt, dass im Hirngewebe von Epilepsie-Patienten weniger SLK vorkommt und damit möglicherweise die Übererregung von Nervenzell-Verbünden bei epileptischen Anfällen erklärt werden kann.

Die Kinase SLK ist an der Regulation zahlreicher Lebensprozesse beteiligt und offenbar auch für die Neuronen-Reifung essentiell: Wird die SLK-Bildung in Neuronen von Mäusen gehemmt, verändert sich das Aussehen der Nervenzellen und das Dichte-Verhältnis von exzitatorischen und inhibitorischen Synapsen verschiebt sich, erklärt Anne Quatraccioni, Doktorandin von Susanne Schoch, Professorin am Institut für Neuropathologie der Universität Bonn.

Unter dem SLK-Mangel verzweigen sich die Dendriten der Mäuse-Neuronen weniger stark. Diese „Ausdünnung“ betraf die kleinsten Verästelungen mit ihren exzitatorischen Synapsen. Die Ursache für die Übererregbarkeit ist jedoch in den dicken Hauptzweigen mit ihren inhibitorischen Synapsen zu finden. Jedes Signal, das bei diesen Synapsen eingeht, verhindert, dass die Nervenzelle feuert. „Die Mäuse bildeten zunächst eine normale Menge dieser inhibitorischen Synapsen“, erklärt Quatraccioni. „Nach einigen Lebenstagen begann ihre Dichte jedoch abzunehmen. Dieser Verlust schritt immer weiter voran.“

Das könnte Relevanz für die Therapie von Epilepsie-Kranken haben, bei denen nachgewiesermaßen ein SLK-Mangel besteht: „Oft versuchen wir, die Übererregung der Nervenzellen durch Medikamente zu verhindern, die die inhibitorischen Synapsen stimulieren“, erklärt Schoch. „Bei einem SLK-Mangel könnte das die falsche Strategie sein: Dort gibt es irgendwann nur noch so wenige inhibitorische Synapsen, dass das nicht mehr funktioniert. Erfolgversprechender ist es bei diesen Patienten vermutlich, auf der exzitatorischen Seite einzugreifen, also die erregenden Synapsen zu hemmen.“ 

Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und zusätzlich durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie die Else Kröner-Fresenius-Stiftung unterstützt.

Originalarbeit:

[1] Schoch S, et al.: Ste20-like Kinase Is Critical for Inhibitory Synapse Maintenance and Its Deficiency Confers a Developmental Dendritopathy. 

(boebue)
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Quellen-URL (abgerufen am 26.04.2024 - 02:37): http://www.neuromedizin.de/Neurologie/Epilepsie-eine-Folge-des-Kahlschlags-im-Dendritenbaum.htm
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