DGNC 2019 - Versorgungsforschung und Neurochirurgie 2030- Kongressbericht: Neurochirugenkongress 2019

DGNC Kongress 2019

Renommierte Experten aus dem In- und Ausland kennzeichneten die 70. DGNC-Jahrestagung im Mai 2019 in Würzburg ebenso wie viele intensive Diskussionen mit zukunftsweisenden Fragestellungen. „Versorgungsforschung“ und „Neurochirurgie 2030“ waren die übergeordneten Hauptthemen, welche den Blick über das eigene Fachgebiet hinaus lenkten, um in gemeinsamer, interdisziplinärerer Zusammenarbeit neue Entwicklungen anzuregen und neben aktuellen Aspekten und Herausforderungen zugleich neue Strategien für die zukünftige Patientenversorgung zu erarbeiten, wie Tagungspräsident Prof. Dr. Ralf-Ingo Ernestus, Direktor der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum Würzburg, betonte. Im Rahmen der Jahrestagung fand auch das 1. Joint Meeting mit der Skandinavischen Gesellschaft für Neurochirurgie (SNS) statt. Die viertägige Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie e.V. (DGNC) besuchten insgesamt 1.800 Ärzte, Wissenschaftler, Pflegefachkräfte und Therapeuten zum intensiven wissenschaftlichen Erfahrungs- und Gedankenaustausch. Dies ermöglichte einen intensiven wissenschaftlichen Erfahrungs- und Gedankenaustausch.

DGNC-Präsident Prof. Dr. Volker Tronnier (Lübeck) hob den Weitblick der Tagungsausrichtung hervor, die mit der Wahl der Schwerpunktthemen bewusst über das eigene Fachgebiet hinausging, um neue Entwicklungen anzustoßen. Prof. Ernestus betonte, dass es vor allem darum gehe, neben den aktuellen Aspekten neurochirurgischer Krankenversorgung, Forschung und Lehre neue Strategien für die zukünftige Patientenversorgung zu erarbeiten – „von einer gemeinsamen und interdisziplinären Zusammenarbeit der angrenzenden Fachgebiete profitieren letztlich alle.“ Dass die Fokussierung auf einen offenen und kritischen Dialog in den national und international hochrangig besetzten Plenarsitzungen sowie weiteren interdisziplinären Symposien sehr gut ankam, belegt neben den vielen angesehenen Medizinern im Congress Centrum Würzburg auch der hohe Anteil jüngerer Kongressteilnehmer. „Mehr als 900 eingereichte wissenschaftliche Beiträge sollte das Vertrauen in unseren Nachwuchs stärken“, so Prof. Ernestus weiter.

Die Vielfalt an Themen verdeutlichte, wie sehr die Komplexität der Neuromedizin gestiegen ist. Hier eine Auswahl aus den Kongress-Highlights .

Tiefe Hirnstimulation bei neurodegenerativen Erkrankungen

Neue Erkenntnisse und Diskussionen gab es zur Weiterentwicklung der Tiefen Hirnstimulation (THS) bei neurodegenerativen Erkrankungen. Insbesondere bei Morbus Parkinson, Dystonie und Tremor stellt der minimalinvasive Eingriff eine effiziente Behandlungsmethode dar. Häufig wird THS eingesetzt, wenn die Wirkung der medikamentösen Therapie nach einigen Jahren nachlässt. Frau Prof. Dr. Cordula Matthies wies darauf hin, welche erhebliche körperliche Beeinträchtigung und psychische Belastung dies für die Betroffenen bedeutet und stellte die Ergebnisse aktueller Studien vor, nach denen durch die THS enorme Verbesserungen der Mobilität und Lebensqualität erreicht werden können. „Die Erkenntnisse aus den bisherigen Untersuchungen weisen darauf hin, dass die jeweilige Erkrankung nicht auf einen einzelnen Punkt im Gehirn begrenzt ist, sondern Ausdruck eines gestörten Regelwerks verschiedener Netzwerke ist.“ Die bisherigen Daten geben Rückschlüsse auf positive oder negative beeinflussende Stimulationsorte, die dann von der Gesamtheit der Patienten auf den einzelnen zu operierenden Patienten übertragen werden können. Durch Optimierung von Planung und Präzision der Operation ist die Sicherheit in Bezug auf Komplikationen wie Blutungen oder Infektionen dramatisch verbessert worden. Ebenfalls wurden Nebenwirkungen durch Weiterentwicklung der Konfiguration der Hirnelektroden und der Technologie der Hirnstimulatoren reduziert.

Studien bei Alzheimer-Erkrankung zeigen, dass der Abbau der Hirnfunktion gestoppt werden kann

Einen herausragenden Vortrag hielt Prof. Dr. Andres Lozano, MD PhD (Toronto, ON/Kanada), mit dem Titel „Neuromodulation in Neurodegenerative Disease – State of the Art and Perspectives“: Aktuelle Untersuchungen im Labor und klinische Studien bei Alzheimer-Erkrankung zeigen, dass der Abbau der Hirnfunktion gestoppt werden kann und Netzwerke des Hippocampus sich erholen und neu bilden können, wenn eine weitere wichtige Schaltstelle im Gehirn, der Fornix, durch Neurostimulation positiv beeinflusst wird. Derzeit läuft unter Beteiligung mehrerer deutscher Universitätskliniken, darunter auch Würzburg, eine weltweite Studie an, die erstmals Chance und Hoffnung bietet, die Alzheimer-Krankheit im frühen Stadium mit Hilfe der THS zu bremsen.

Spinale Neurochirurgie mit minimal invasiven Methoden

Wie entscheidend eine spezialisierte Aus- und Weiterbildung in der spinalen Neurochirurgie ist, wurde in der Sitzung mit Prof. Dr. Claudius Thomé (Innsbruck) deutlich. In der Gelenk- und Wirbelsäulenchirurgie, die mit neuen Erkenntnissen und Operationstechniken immer schonender und effektiver wird, kommen wichtige Entwicklungen aus den innovativen Gebieten der Navigation und Robotik. EDV-gestützte Navigations- und Robotiksystemen bieten eine hohe Präzision während der Operation und bessere Orientierungsmöglichkeiten bei Anomalien und Deformitäten. Sie erlangen damit auch forensische Bedeutung. Es wurde betont, dass zum Beispiel Eingriffe zur Entlastung des Wirbelkanals mit deutlich weniger Komplikationen verbunden sind als früher, so dass – auch aufgrund verbesserter Narkosetechniken – immer ältere Patienten operiert werden können. „Minimal invasive Methoden verringern bereits heute die perioperative Morbidität“, so Prof. Thomé. „Intelligente Systeme mit haptischem Feedback werden die Sicherheit unserer Interventionen weiter erhöhen“.

Strahlungsfreie Diagnostik in der Kinderneurochirurgie

Welche Herausforderungen angeborene Fehlbildungen des Gesichts- und Hirnschädels an ein Ärzteteam von Kinderneurochirurgen, Mund-, Kiefer- und plastischen Gesichtschirurgen stellen, zeigte Priv.-Doz. Dr. Tilmann Schweitzer (Würzburg) in seinem Vortrag „Future Aspects in Craniofacial Treatment Strategies“. Eine Korrektur erfordert langwierige, am 3D-Modell akribisch geplante Operationen. Die notwendigen Daten lieferte bisher eine Computertomographie. Da das kindliche Gehirn jedoch sehr empfindlich auf die Strahlenbelastung reagiert, wird zunehmend die Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt, die mithilfe spezieller Algorithmen sowie hoher Rechen- und Speicherleistungen immer bessere Daten liefern kann.

Ein weiterer wichtiger Diskussionspunkt im Bereich Kinderneurochirurgie waren Schädel-Hirn-Traumata bei Kindern. Da auch leichtere Verletzungen späte Folgen haben können, sollte auch nach Jahren noch an eine weiterführende Abklärung gedacht werden.

71. Jahrestagung 2020

Die 71. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie e.V. (DGNC)  2020, findet unter der wissenschaftlichen Leitung von DGNC-Präsident Prof. Dr. Volker Tronnier, Direktor der Klinik für Neurochirurgie, Campus Lübeck, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, vom 21.-24.06.2020 in Lübeck statt.

Text: Kerstin Aldenhoff

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