Infektionsforscher vom Deutschen Primatenzentrum zeigen Ansatzpunkte für Impfstoffentwicklung und Therapie beim SARS-CoV-2

Infektionsbiologen des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) um Prof. Dr. Stefan Pöhlmann, Leiter der Abteilung Infektionsbiologie am Deutschen Primatenzentrum, und Dr. Markus Hoffmann, Wissenschaftler am DPZ, konnten in einer aktuellen Studie zeigen, dass die S1/S2-Aktivierungssequenz des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 durch die zelluläre Protease Furin gespalten wird. Diese Spaltung ist für die Infektion von Lungenzellen unverzichtbar. Außerdem ist sie für die Verschmelzung von infizierten Zellen mit nicht-infizierten Zellen wichtig, ein weiterer Weg, wie sich das Virus im Körper ausbreiten könnte, ohne die Wirtszelle zu verlassen. Das SARS-Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) infiziert Lungenzellen und ist für die COVID-19-Pandemie verantwortlich. Das sogenannte Spike-Protein dient dem Virus als Schlüssel zur Wirtszelle und trägt eine ungewöhnliche Aktivierungssequenz. Diese Ergebnisse definieren neue Ansatzpunkte für Therapie und Impfstoffforschung. Außerdem geben sie Hinweise darauf, wie sich Coronaviren von Tieren verändern müssen, um sich in der menschlichen Bevölkerung ausbreiten zu können.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Hemmung von Furin die SARS-CoV-2-Ausbreitung in der Lunge blockieren sollte“, sagt Stefan Pöhlmann, Leiter der Abteilung Infektionsbiologie am DPZ. „Außerdem demonstrieren sie, zusammen mit unseren vorangegangenen Arbeiten, dass das Virus einen zweistufigen Aktivierungsmechanismus nutzt: In infizierten Zellen muss das Spike-Protein durch die Protease Furin gespalten werden, damit neu gebildete Viren anschließend die Protease TMPRSS2 für eine weitere Spaltung des Spike-Proteins nutzen können, die für das Eindringen in Lungenzellen wichtig ist.“

Spike-Protein

BU: Das Schema zeigt, wie das Spike-Protein des SARS-CoV-2 aktiviert wird

Abb.: Markus Hoffmann/DPZ

Risikoeinschätzung der DPZ-Forscher

In Wildtieren, insbesondere Fledermäusen, wurde in den vergangenen 20 Jahren eine Vielzahl von Coronaviren entdeckt, die eine enge Verwandtschaft zum SARS-CoV und SARS-CoV-2 besitzen. Allerdings wurde bislang nur bei SARS-CoV-2 eine S1/S2-Aktivierungssequenz beobachtet, die von Furin gespalten werden kann. „Die Beprobung von Wildtieren und die gezielte Suche nach Coronaviren mit einem Fokus auf die S1/S2-Aktivierungssequenz ist notwendig, um solche Viren zu identifizieren, für die das Risiko besteht, dass sie den Menschen infizieren und effizient verbreitet werden können. Außerdem sollte man bei eventuellen zukünftigen Coronavirus-Ausbrüchen spezifisch die Sequenz der S1/S2-Spaltstelle analysieren, da sie als Marker für Übertragbarkeit dienen könnte“, sagt Markus Hoffmann.

Originalpublikation:

A multibasic cleavage site in the spike protein of SARS-CoV-2 is 2 essential for infection of human lung cells Hoffmann M, Kleine-Weber H, Pöhlmann S (2020): Molecular Cell 78, 1-6.2020

Quelle: PI DPZ, Aktivierung des SARS-Coronavirus 2 aufgeklärt

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