Interiktale dysphorische Störung nicht nur bei Epilepsie-Patienten?

Von der interiktalen dysphorischen Störung (IDS) ging man bislang aus, dass sie eine affektive Erkrankung ist, die nur bei Patienten mit einer Epilepsie auftritt. Mittlerweile sind diesbezüglich jedoch Zweifel aufgekommen, da neue Daten ähnliche Charakteristika und eine ähnliche Prävalenz der IDS bei Patienten mit Migräne und bei Personen mit psychogenen nicht-epileptischen Anfällen zeigen. Dies wiederum stellt die epilepsiespezifische Natur der interiktalen dysphorischen Störung in Frage. Russische Wissenschaftler des Research and Clinical Center for Neuropsychiatry und der Russian Academy of Sciences in Moskau haben zusammen mit Forschern der Columbia University in New York, USA, im Rahmen einer Studie die Art der IDS bei Epilepsiepatienten mit Stimmungserkrankungen und bei Personen mit Stimmungserkrankungen ohne weitere neurologische Störungen genauer untersucht. Es handelte sich um eine Fall-Kontroll-Studie mit 142 Patienten mit der gesicherten Diagnose einer Epilepsie sowie einer Major-Depression und 222 Patienten, die nur unter einer Major-Depression litten (Kontrollgruppe).

Die Diagnose der Major-Depression war durch ein SCID-I-RV (= structured clinical interview for Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 4th edition) bestätigt worden. Anhand des “Beck Depression Inventory” und des “Beck Anxiety Inventory” ermittelten die Wissenschaftler den Grad der Angst und Depression. Außerdem setzten sie den “Interictal Dysphoric Disorder Inventory (IDDI)” ein, um das Vorliegen einer IDS zu bestätigen. Die Auswertung des gesammelten Datenmaterials ergab, dass zwischen den Epilepsie-Patienten mit einer Major-Depression und den Studienteilnehmern mit einer alleinigen Major-Depression in Bezug auf die IDS-Prävalenz keine Unterschiede bestanden (88,73 % versus 85,13 %, χ2 = .96, p = .32). Auch fanden sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen insgesamt und bezüglich der in IDDI-Subskalen. Außerdem zeigte sich, dass in beiden Gruppen die IDS-Symptome mit derselben Inzidenz unterteilt waren und dieselbe Dauer und Periodizität aufwiesen. Auch war die IDS nicht mit einer Epilepsie assoziiert (Odds ratio = .84,95 % Konfidenzintervall = .40-1.98, p = .72), und es war keine signifikante Korrelation zwischen einer Epilepsie, demographischen Merkmalen und sämtlichen IDDI-Subskalen zu finden. Auffällig war lediglich, dass Patienten mit einer IDS länger unter affektiven Erkrankungen litten und höhere Scores auf allen psychometrischen Skalen erreichten.

In dieser Studie konnte die Spezifität einer interiktalen dysphorischen Störung für eine Epilepsie nicht bestätigt werden, so die Autoren. Das Auftreten von Symptomen einer interiktalen dysphorischen Störung könne viel eher mit einem schwereren Verlauf einer Major-Depression und mit signifikanten Angstzuständen assoziiert sein.

(drs)
Zurück zur Startseite
Weitere Newsmeldungen
Zum Archiv

Quellen-URL (abgerufen am 27.04.2024 - 01:39): http://www.neuromedizin.de/Neurologie/Interiktale-dysphorische-Stoerung-nicht-nur-bei-Epilepsie-Pa.htm
Copyright © 2014 | http://www.neuromedizin.de ist ein Dienst der MedienCompany GmbH. | Medizin-Medienverlag | Amselweg 2, 83229 Aschau i. Chiemgau | Geschäftsführer: Beate Döring | Amtsgericht Traunstein | HRB 19711 | USt-IdNr.: DE 223237239