DGNC 2019 – Kongressbericht: Schädel-Hirn-Traumata bei Kindern können Spätfolgen haben- Kinder-Neurochirurg weist auf auftretende neuropsychologische Probleme hin

Bei den Jüngsten zählt das Schädel-Hirn-Trauma (SHT), wenngleich selten, zu den häufigsten Todesursachen. Die wichtigste Besonderheit bei kindlichen SHT: Während das Gehirn beim Erwachsenen drei Prozent des Körpergewichts ausmacht, sind es beim Kind 15 Prozent. Zugleich ist die kindliche Wirbelsäule deutlich mobiler, was ein erhöhtes Verletzungsrisiko für den Kopf bedeutet. Zum Großwerden freilich gehören Stürze dazu, und auch solche auf den Kopf gehen insgesamt meist glimpflich aus. Aber nicht immer. Die Ursachen für Schädel-Hirn-Traumata (SHT) im Kindesalter variieren nach Alter der kleinen Patienten: Während im ersten Lebensjahr auch Kindesmisshandlungen und ihre Folgen im Vordergrund stehen, steigt mit zunehmender Mobilität bei Kleinkindern das Unfall-, insbesondere das Sturzrisiko. Mit Beginn der Schulzeit stellen dann Verkehrsunfälle die häufigste Ursache für Kopfverletzungen dar.

Neuropsychologische Probleme treten bei SHT noch Jahre später auf

Ging man in der Vergangenheit davon aus, dass das kindliche Gehirn erlittene Schädigungen noch gut auszugleichen vermag, weiß man inzwischen, dass neuropsychologische Probleme noch Jahre später auftreten können. „Und auch nach leichteren Schädel-Hirn-Verletzungen sind Spätfolgen möglich“, sagt der Würzburger Kinderneurochirurg Privatdozent Dr. Tilmann Schweitzer. Die Mehrzahl der Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit oder Merkfähigkeitsstörungen verschwinden nach neueren Untersuchungen zwar bei 87,8 Prozent der jungen Patienten binnen einer Woche. Doch klagten knapp sechs Prozent noch nach einem Monat sowie fünf Prozent nach vier Monaten über Kopfschmerzen. Bei 1,7 Prozent der Kinder nach leichterem Schädeltrauma sind Aufmerksamkeitsdefizite oder eine verminderte Frustrationsschwelle noch nach zehn Monaten feststellbar. „Aus Untersuchungen an amerikanischen Footballspielern wissen wir auch, dass nach einem milden Schädel-Hirn-Trauma die natürliche Angst für einige Woche reduziert ist – womit wiederum das Risiko steigt, einen weiteren Unfall zu erleiden“, sagt Tilmann Schweitzer.

Schädel-Hirn-Trauma kann biochemische Prozesse ausgelösen 

Durch das das Schädel-Hirn-Trauma können darüber hinaus biochemische Prozesse ausgelöst werden, die auch noch Jahre später Konsequenzen haben können: Beispielsweise einen plötzlichen Leistungsabfall und ein Einknicken der „akademischen Kurve“, also des normalerweise zu erwartende schulischen Werdegangs. „Wobei hier natürlich auch vor dem Trauma bereits bestehende Verhaltensauffälligkeiten oder sozioökonomische Nachteile eine große Rolle spielen“, so der Neurochirurg weiter.

Eltern sollten wissen, dass  Auffälligkeiten auch Jahre später auftreten können.

Eltern sollten in diesem Zusammenhang wissen, dass bei Auffälligkeiten auch ein um Jahre zurückliegendes, vermeintlich leichtes Trauma des Kopfes mit bedacht werden und der Kinderarzt darauf angesprochen werden sollte – und eine weiterführende Abklärung sinnvoll sein kann. Zu großer Sorge nach leichteren Stürzen indes bestehe kein Grund, sagt Tilmann Schweitzer. Bei schwereren Verletzungen hingegen sollte schon in der Akutphase die Versorgung in einem klinischen Zentrum angestrebt werden, da hier die verschiedenen spezialisierten Fachdisziplinen von Anfang an in die Behandlung involviert sind.

DGNC-Tagung 2019

Die 70. JAHRESTAGUNG der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC) e. V. mit Joint Meeting mit der Skandinavischen Gesellschaft für Neurochirurgie, läuft vom 12. bis 15. Mai 2019 in Würzburg. Erwartet werden 1.500 Kongressteilnehmer.

Text: Kerstin Aldenhoff

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