Im Mai 2019 treffen sich bei der Epilepsie-Ligatagung, der 11. Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen und Österreichischen Gesellschaft für Epileptologie sowie der Schweizerischen Epilepsie-Liga, in Basel, internationale Epilepsieexperten und Kongressteilnehmer aus vielen Ländern auf dem Kongress, der vom 08. bis 11. Mai 2019 im Congress Center Basel in Basel stattfindet. Tagungsleiter ist Prof. Dr. med. Stephan Rüegg, Leiter EEG, Epileptologie und Neurointensivmedizin am Universitätsspital Basel.
Spannende Themen
Zu den spannenden Themen beim diesjährigen Kongress zählt das - nicht nur für die Epilepsieforschung - hochinteressante und aktuelle Repurposing, also Medikamenten-„Recycling“. Bereits etablierte oder wieder verworfene Medikamente können sich unter Umständen als wirkungsvolle Alternative auf einem ganz anderen Gebiet erweisen, wie Aspirin, das ursprünglich gegen Rheuma, mittlerweile aber auch gegen Herzinfarkt oder Darmkrebs eingesetzt wird. So sprechen neue Daten dafür, dass Fenfluramin, ein Appetitzügler, der wegen kardiologischer Nebenwirkungen in den USA vom Markt genommen wurde, in niedrigerer Dosierung bei Kindern mit dem Dravet-Syndrom, einer besonders schweren kindlichen Epilepsie mit bis zu 100 Anfällen pro Tag, eine erhebliche Anfallsminderung erreichen kann.
Genetische Diagnostik, Epilepsiechirurgie oder Stimulationstherapien
Rund 70 Prozent der Epilepsie-Patienten können mit der richtigen Diagnose und Therapie mit Medikamenten (Antiepileptika) ein anfallsfreies Leben führen. Etwa ein Drittel der Patienten allerdings ist nach wie vor nicht ausreichend therapierbar, doch gibt es Entwicklungen neuer Medikamente und neuartiger Therapieformen. Genetische Diagnostik, Epilepsiechirurgie oder Stimulationstherapien gewinnen zunehmend an Bedeutung und bilden Schwerpunkte im wissenschaftlichen Tagungsprogramm. Im Fokus stehen in diesem Jahr außerdem Immunepilepsien, neuropsychologische Aspekte der Epilepsie oder auch die besondere Herausforderung epileptischer Anfälle bei Intensivpatienten. „Wir haben immer mehr schwerkranke Menschen in den Spitälern, die primär auf einer Intensivstation behandelt werden. Hier sind epileptische Anfälle eine schwerwiegende Komplikation und darum ein großes Problem. Die medizinische Versorgung dieser Patienten wird schnell sehr anspruchsvoll“, sagt Tagungsleiter Prof. Dr. med. Stephan Rüegg.
Cannabis bei Epilepsie und der Kampf gegen Stigmatisierung
Kindern, die an einigen bestimmten, schweren Formen von Epilepsie leiden, könnte mit dem Cannabis-Derivat Cannabidiol geholfen werden. Die US-Bundesbehörde für Lebens- und Arzneimittel (FDA) hat Ende 2018 das erste verschreibungspflichtige Medikament mit einem Wirkstoff aus der Hanfpflanze zugelassen, in Europa wird die Zulassung jetzt erwartet. Bei Kindern indes, die an einer bestimmten genetisch bedingten Veränderung des Glukosetransporters 1 leiden, wurden zuletzt mit der auf Fetten und einigen wenigen Proteinen basierenden ketogenen Diät erstaunlich positive Ergebnisse erzielt. Wurde die Stoffwechselerkrankung nachgewiesen, waren 90 Prozent der jungen Patienten binnen zehn Tagen anfallsfrei. – Zwei Beispiele, die bei der Jahrestagung 2019 Gegenstand eines spannenden wissenschaftlichen Diskurses sein werden.
Wichtigster deutschsprachiger Epilepsie-Kongress
Der wichtigste deutschsprachige Epilepsie-Kongress bietet Raum zum Austausch neuer interdisziplinärer Forschungsergebnisse sowie praktischer Erfahrungen im Sinne einer bestmöglichen Diagnostik und Therapie der Patienten. So werden in Basel auch jüngste Daten zum Einsatz von Cannabidiol erwartet sowie neue Einblicke in den Wirkmechanismus dieser äußerst restriktiven Ernährungsform – einschließlich der Frage, für welche Patienten sich der enorme Aufwand lohnen kann.
Vorstellung Bevölkerungsbefragung 2018 zur Wahrnehmung von Epilepsie in der Gesellschaft in Deutschland, Österreich und Schweiz
Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Ergebnisse der 2018 in allen drei Ländern durchgeführten Bevölkerungsbefragung, die beim Kongress in Basel erstmals vorgestellt werden. Nach 2008 (Deutschland), 2003 (Österreich) und 2011 (Schweiz) wird die erneute Erhebung Aufschlüsse zur Wahrnehmung von Epilepsie in der Gesellschaft liefern: Wo sind Stigmata verankert? Mit welchen Schwierigkeiten haben Patienten in ihrem Alltag zu kämpfen? „Stigma ist noch immer ein großes Thema und unser großes Ziel, es zu vermeiden. Epilepsiepatienten sind in der überwiegenden Mehrheit Menschen wie Du und Ich, denen man vielfach überhaupt nicht anmerkt, dass sie diese Erkrankung haben“, sagt Stephan Rüegg weiter.
Patiententag
Für Betroffene, Angehörige und Interessierte Laien findet am Samstag, 11.05., von 10 bis 14 Uhr ein Patiententag im Rahmen der Dreiländer-Tagung statt. Die Teilnahme ist kostenfrei. Der Patiententag bietet Betroffenen die Möglichkeit, sich über Fortschritte der Epilepsiebehandlung und -forschung zu informieren, miteinander und mit Experten ins Gespräch zu kommen und so selbst zum „Experten“ für ihre Erkrankung werden zu können.
Medienkooperation
Unsere Online-Publikationen Neuromedizin.de und Epiaktuell.de sind Kongress-Medienpartner. Wir informieren aktuell.
(Text: Anja Blankenburg)