Meilenstein für Schmerzpatienten: Alkoholresistentes Medikament entwickelt

Forscher der Karl-Franzens-Universität Graz haben Arzneistoffkügelchen entwickelt, die einem Alkoholgehalt von bis zu 40 Prozent standhalten. "Gerade für die Therapie von Schmerzpatienten, in der es mitunter zu einem krankheitsbedingten Alkoholmissbrauch kommen kann, ist uns damit ein wichtiger Schritt zu mehr Sicherheit gelungen", sagt Eva Roblegg vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften.

Präparate, die ihre Wirkstoffe über längere Phase abgeben, enthalten - im Vergleich zu schnell freisetzenden Medikamenten - höhere Arzneistoffmengen. Dies hat ein Forscherteam der österreichischen Karl-Franzens-Universität in Graz aufgegriffen und eine Art Zeitmesser eingebaut, der kontrolliert, wie, wann und wie lange Wirkstoffe freigesetzt werden. So haben die Wissenschaftler Arzneistoffkügelchen entwickelt, die einem Alkoholgehalt von bis zu 40 Prozent standhalten. "Gerade für die Therapie von Schmerzpatienten, in der es mitunter zu einem krankheitsbedingten Alkoholmissbrauch kommen kann, ist uns damit ein wichtiger Schritt zu mehr Sicherheit gelungen", sagt Eva Roblegg vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften in Graz. Bestimmte Patienten-Gruppen, wie Personen mit chronischen Schmerzen, Depressionen oder Herz- oder Gefäß-Erkrankungen, benötigen beispielsweise Medikamente, die Inhaltsstoffe über mehrere Stunden abgeben.

Pillen trotz Alkoholmissbrauch

"Wenn diese Mittel mit Alkohol kombiniert werden, könnte es zu einer sofortigen Freisetzung der gesamten Arzneistoffmenge kommen, also zu einer Überdosierung, die schwere gesundheitliche Schäden nach sich ziehen kann. Das betrifft vor allem Substanzen, bei denen die heilsame Dosis nicht weit von der toxischen Menge entfernt liegt", verdeutlicht Roblegg die Ausgangsproblematik. Bei dem neuen Medikament passiert die unkontrollierte Ausschüttung der Wirkstoffe nicht, selbst wenn man dieses mit Alkohol einnimmt. Quellbarkeit der Matrix unterbunden

Kontrollmechanismen, die die Abgabe der Inhaltsstoffe von Medikamenten steuern, stecken beispielsweise in Filmüberzügen von Tabletten oder in Matrixsystemen. "Die Struktur der Matrix regelt die Ausschüttung des Wirkstoffes. Nimmt man eine Tablette mit Filmüberzug mit Wasser ein, bleibt diese Schranke aufrecht. Zerstört wird sie jedoch durch den in alkoholischen Getränken enthaltenen Ethanol. Außerdem kann eine Matrix in Ethanol unkontrolliert quellen, somit geht die eingebaute Barriere verloren", ergänzt Robleggs Forscherkollegin Simone Eder.

Das neue Medikament verzichtet deshalb auf die üblichen Kontrollmechanismen. Stattdessen haben die beiden Wissenschaftlerinnen Arzneistoffkügelchen entworfen, die sie mit Porenblockern ausgestattet haben. "Das sind Substanzen, die weder mit Alkohol noch mit Wasser wechselwirken. Diese Blocker unterbinden die Quellbarkeit der Matrix - das heißt, auch wenn die Pellets mit Alkohol kombiniert werden, nimmt das keinen Einfluss auf die gesteuerte Abgabe der Wirkstoffe." Getestet wurden die Pellets mit Getränken, deren Alkoholgehalt sich zwischen fünf und 40 Prozent bewegte. Die Expertinnen nutzten eine Apparatur, die den Magen-Darm-Trakt simuliert. In einem weiteren Schritt soll untersucht werden, welchen Einfluss Alkohol auf die natürlichen Barrieren des Körpergewebes im Magen-Darm-Trakt hat und wie sich eine eventuelle Veränderung der Barrieren auf die Resorption von Arzneistoffen auswirkt.

Das Projekt wurde im Rahmen von BioTechMed-Graz, der Kooperation von Karl-Franzens-Universität, Med Uni Graz und der TU Graz mit dem Ziel einer gemeinsamen Forschung für Gesundheit, sowie unter Beteiligung des Research Centers Pharmaceutical Engineering realisiert. 

(pte/map)
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Quellen-URL (abgerufen am 19.04.2024 - 19:12): http://www.neuromedizin.de/Forschung/Meilenstein-fuer-Schmerzpatienten---alkoholresistentes-Medik.htm
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