Deutsche Forscher entdecken einfache aber elegante Aufteilung des Cerebellums

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie in Martinsried haben bei ihren Forschungen beim Zebrafisch eine einfache aber elegante Einteilung im Kleinhirn entdeckt. Die Bedeutung dieser Hirnregion zeigt sich darin, dass sie sehr ähnlich aufgebaut bei allen Wirbeltieren vorkommt, egal ob Mensch, Vogel oder Fisch. Obwohl man weiß, dass das Kleinhirn eine große Rolle beim Koordinieren von Bewegungen und Verhalten spielt, wissen wir kaum etwas darüber, wie die Kleinhirn-Schaltkreise dies tun. Purkinjezellen, eine Schlüsseleinheit des Kleinhirns, werden als verantwortlich gesehen, sensorische und motorische Informationen miteinander zu vernetzen. Forschungsgruppenleiter Dr. Ruben Portugues und sein Team haben nun im Zebrafisch eine erstaunlich einfache aber elegante Einteilung des Kleinhirns in drei Verhaltensmodule nachgewiesen. Jedes dieser Module kodiert eine definierte visuelle Information.

Das Kleinhirn der Säugetiere besteht aus hunderttausenden Purkinjezellen, von denen jede einzelne wiederum Signale von tausend anderen Zellen bekommt. Hier herauszufinden, wie die Schaltkreise des Kleinhirns funktionieren, ist selbst mit den neusten Methoden nahezu unmöglich. Die Wissenschaftler erforschen daher eine etwas "einfachere" Version: das Kleinhirn von sechs bis acht Tage alten Zebrafischlarven. „In diesem Alter enthält das Zebrafisch-Kleinhirn zirka 500 Purkinjezellen und ist wichtig beim Schwimmen und bei Augenbewegungen“, erklärt die Teammitarbeiterin Laura Knogler, die zusammen mit ihrem Kollegen Andreas Kist die Kleinhirnschaltkreise untersucht. „Es ist alles da und immer noch extrem komplex, doch in den durchsichtigen Fischen haben wir zumindest eine Chance, die Aktivitätsmuster der einzelnen Zellen zu sehen.“ Um zu verstehen, wie das Kleinhirn Verhalten koordiniert, studierten die Wissenschaftler die Zebrafisch-Kleinhirnaktivität während die Tiere auf Reize einer virtuellen Umgebung reagierten. Ähnlich wie viele Wirbeltiere nutzen Zebrafische visuelle Anhaltspunkte, um ihre Bewegungen zu steuern, die Umgebung zu beobachten oder mögliche Feinde und Futter zu entdecken. Daher zeigten die Martinsrieder Forscher den Fischen verschiedene optische Reize, während sie ihre Nervenzellaktivität und Bewegungsreaktionen beobachteten. So kam eine unerwartete Aufteilung des Kleinhirns in drei Verhaltensmodule ans Licht. Jedes dieser Module verarbeitete jeweils eine bestimmte visuelle Information: der Beginn einer gerichteten Bewegung, die Geschwindigkeit einer Drehbewegung oder Helligkeitsänderungen. Jede untersuchte Purkinjezelle gehörte zu einem dieser drei Module.

Kleinhirn

BU: Neurobiologen zeigen, dass das Kleinhirn von Zebrafischlarven in drei Verhaltensmodule unterteilt ist.

© MPIN / Julia Kuhl

Anders als die visuelle Information wurde das Verhalten der Fische auf ähnliche Weise von allen Zellen kodiert. Dies wurde besonders bei schwimmenden Tieren beeindruckend sichtbar: „Dann fluoreszierte fast das ganze Kleinhirn durch die enorme Aktivität eines Großteils der vorhandenen Purkinjezellen“, berichtet Teammitarbeiter Andreas Kist. Die Wissenschaftler nehmen an, dass die beobachtete sensorische Einteilung des Kleinhirns eine wichtige Eigenschaft für assoziatives Lernen und neuronale Kodierungen ist. „Die Module scheinen die Informationen optimal zu organisieren, die für das Verhalten der Fische in diesem Alter wichtig sind - während sie gleichzeitig Raum für Flexibilität lassen, um Neues durch Erfahrung zu lernen“, so Knogler. „Es würde mich nicht wundern, wenn andere Sinne und auch die Kleinhirne anderer Tierarten in ganz ähnlicher Weise organisiert sind.“

Originalpublikation

Laura D Knogler, Andreas M Kist, Ruben Portugues

Motor context dominates output from Purkinje cell functional regions during reflexive visuomotor behaviours. eLife 2019;8:e42138

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Quellen-URL (abgerufen am 19.04.2024 - 20:57): http://www.neuromedizin.de/Forschung/Deutsche-Forscher-entdecken-einfache-aber-elegante-Einteilun.htm
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